Bebauungsplan: Rechte und Pflichten für zukünftige Bauherren

Bebauungsplan: Rechte und Pflichten für zukünftige Bauherren

Wer selbst ein Haus bauen möchte, legt in der Regel viel Wert auf Individualität. Allerdings ist auch bei ambitionierten Bauprojekten nicht alles erlaubt, was gefällt. Denn wie groß, wie hoch und welche Farbe das neue Heim haben darf, regelt für die meisten Flächen in Deutschland ein sogenannter Bebauungsplan. Er legt den groben Rahmen fest, in dem geplant werden darf und bestimmt damit ganz maßgeblich, was später dann tatsächlich gebaut werden kann. Wozu ein Bebauungsplan gut ist, warum dieser unbedingt vor dem Grundstückskauf eingesehen werden sollte und wo für den Raum Stuttgart ein Bebauungsplan online eingesehen werden kann, haben wir für Sie zusammengetragen.

Bebauungsplan gehört zu den wichtigsten Unterlagen vor dem Baustart

Eine Stadtvilla oder ein Reihenhaus in einer ländlichen Gegend? Ein Bungalow oder mehrere Stockwerke? Flach-, Sattel- oder Reetdach? Die Vorstellungen vom eigenen Traumhaus sind ganz unterschiedlich, aber lassen sich auch von behördlicher Seite nicht überall realisieren. Denn in zahlreichen Fällen setzen Baupläne mit besonderen Wünschen den Bauherren frustrierende Grenzen auf. Deshalb sollten Sie sich unbedingt VOR dem Grundstückskauf über die geltenden Vorschriften informieren und auch einige Formeln und Abkürzungen des sogenannten Fachjargons kennen. Denn Ausnahmen oder nachträglich Regelungen werden in der Regel kaum genehmigt.

Der Sinn und Zweck von Bebauungsplänen

Um einen einheitlichen Wohnhaus- und Siedlungscharakter zu gewährleisten sowie die städtebauliche Entwicklung und Ordnung im Gemeindegebiet zu steuern, werden Bebauungspläne von den Kommunen aus den übergeordneten Flächennutzungsplänen heraus entwickelt. Beispielsweise würde in einer Straße, in der alle Häuser aus rotem Backstein gebaut und mit roten Dachziegeln gedeckt sind, ein blau angestrichenes Haus aus der Reihe tanzen. Ein Bebauungsplan regelt aber nicht nur Stilfragen, sondern auch den Schutz von Einzelinteressen. Wenn zum Beispiel der Bau eines mehrstöckigen Hauses die umliegenden Grundstücke von Einfamilienhäusern im wahrsten Sinne des Wortes überschatten würde, ist die Chance groß, dass die Baugenehmigung für ein solches Projekt abgelehnt wird. Wie detailliert die Vorschriften sind, kann je nach Bundesland und Kommune anders geregelt sein. Und je nachdem, wie weitreichend die Vorgaben sind, spricht man von einem „einfachen“ oder einem „qualifizierten“ Bebauungsplan. Bestimmte Vorschriften gelten aber auch, wenn alte Bäume gefällt werden müssen, um Platz für Wohnraum zu schaffen. Dann stehen die Bauherren in der Pflicht, dafür Ausgleich zu schaffen. Geregelt ist dies in einem umfangreichen Regelkatalog, der ausweist, welche Bäume und Pflanzen dafür in Frage kommen. Manche Vorschriften in einem Bebauungsplan gehen auch so weit, dass sie sogar die Farbe der Dachziegel und Klinker oder Putz als Fassadenverkleidung vorgeben. Pippi Langstrumpf hätte es mit ihrer Villa Kunterbunt in Deutschland jedenfalls nicht leicht gehabt. Ganz besonders streng sind die Regeln, wenn es um denkmalgeschützte Gebäude geht. Hier schreibt die Behörde ganz genau vor, welche Farbe der Eigentümer verwenden könnte, beziehungsweise ob er überhaupt etwas an seinem Haus verändern darf, damit das baukulturelle Erbe nicht verloren geht.

In der Landeshauptstadt Stuttgart regeln übrigens mehr als 3.500 Bebauungspläne die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke. Auf diese regionalen Vorschriften, die Besonderheiten des Stuttgarter Bauplanungsrechts und wie Sie einen Bebauungsplan online einsehen können, gehen wir noch detaillierter am Ende von diesem Artikel ein.

Was legt ein Bebauungsplan fest?

In der Regel können an einem Grundstück interessierte Bauherren den entsprechenden Bebauungsplan beim zuständigen Bauordnungsamt, bei der Gemeindeverwaltung, dem Stadtplanungsamt oder in vielen Kommunen mittlerweile auch bundesweit online einsehen. Die Pläne bestehen aus einem Textteil und einem zweiten Teil, in dem die offiziellen Vorschriften grafisch dargestellt sind. Was ein jeweiliger Bebauungsplan genau beinhalten muss, ist in § 9 des deutschen Baugesetzbuches (BauGB) geregelt. Um diesen Paragrafen einigermaßen verständlich lesen zu können, sollten zwei Verordnungen bekannt sein. Zum einen die sogenannte Planzeichenverordnung (PlanZV), in der die hier verwendeten Signaturen, Farben und Linien erklärt werden. Zum anderen sollte die sogenannte Baunutzungsverordnung (BauNVO) bekannt sein. Diese legt fest, welche Nutzungen zugelassen sind und wie bestimmte Regelungen, zum Beispiel zur Bauweise oder einzuhaltenden Abstandsflächen, zu interpretieren sind. Unter anderem sind folgende, wichtige Vorschriften in einem Bebauungsplan zu finden:

1. Abstandsflächen

Diese Vorschrift schreibt zum Beispiel vor, wieviel Abstand ein zukünftiges Haus zu der Garage des Nachbarn haben muss. Denn grundsätzlich müssen Gebäude einen Mindestabstand zum Nachbargrundstück einhalten. Dieser Mindestabstand ist wiederum in den jeweiligen Landesbauordnungen vorgeschrieben. Um diesen Abstand zur Grundstücksgrenze zu berechnen, wird vereinfacht gesagt die Außenwandhöhe des geplanten Gebäudes mit dem Wert 0,4 bis 1 - je nach Landesbauordnung - multipliziert. Die sogenannte Baulinie regelt wiederum, an welcher Linie gebaut werden darf. In manchen Wohngebieten ist zum Beispiel eine einheitliche Größe des Vorgartens vorgeschrieben. Die Häuser stehen dann beispielsweise allesamt vier Meter vom Straßenrand entfernt.

2. Bauweise

Hier finden Sie Informationen darüber, ob in einem Wohngebiet eine sogenannte offene oder geschlossene Bauweise vorgesehen ist. Mit offener Bauweise sind freistehende Häuser gemeint, was auch Doppel- oder Reihenhäuser von bis zu 50 Meter Länge sein können. Eine geschlossene Bauweise meint dagegen eine Haus-an-Haus-Bebauung, wie zum Beispiel Reihenhäuser. In manchen Fällen schreibt ein Bebauungsplan vor, dass beispielsweise nur Doppelhäuser gebaut werden dürfen oder welche bestimmten Materialien und Farben bei dem Hausbau verwendet werden müssen. Es können sich aber auch Richtlinien über die Ausrichtung des Dachfirstes, die Dachneigung und das Material der Dacheindeckung vorgegeben werden. Folgende Maße können festgelegt sein: Die Angabe der Firsthöhe (FH), also der Abstand zwischen First und Boden, welche in Metern erfolgt. Auch die Traufhöhe (TH), die Höhe zwischen Dachhaut und Boden, wird in Metern angegeben. Die Dachneigung (DN) wird dagegen in Grad angegeben und ist meist von der Dachform abhängig, die häufig auch vorgeschrieben ist. Die am häufigsten vorgeschriebenen Dachformen heißen Flachdach (FD) oder Satteldach (SD).

3. Art der baulichen Nutzung

Die Art der Nutzung legt fest, ob das Gebiet des Bebauungsplans für Gewerbe und Industrie (GI), als Wohngebiet (WR) oder als Mischgebiet vorgesehen ist, in welchem auch gewerblichen Bauflächen vorgesehen sind. Unser Tipp: Die sogenannte Nutzungsschablone verrät näheres über die Art der Nutzung. Sie; liegt dem Plan entweder bei oder ist auf ihm vermerkt.

4. Maß der baulichen Nutzung

Diese Vorschrift regelt, wie viel Prozent des Grundstücks bebaut werden darf. So geht es beispielsweise um die Grundflächenzahl, die Anzahl der Etagen und die maximale Anzahl von Wohnungen, die sich in einem Gebäude befinden dürfen. Die sogenannte Grundflächenzahl (GRZ) schreibt dabei vor, welcher Anteil des Grundstücks bebaut werden darf. Eine GRZ von 0,2 bedeutet zum Beispiel, dass auf einem 1.000 Quadratmeter großen Grundstück maximal 200 Quadratmeter bebaut werden dürfen. Die sogenannte Geschossflächenzahl (GFZ) bestimmt wiederum das Verhältnis der Geschoss- zur Grundstücksfläche. Eine GFZ von 0,4 bedeutet beispielsweise, dass auf einem 1.000 Quadratmeter großen Grundstück maximal 400 Quadratmeter Geschossfläche errichtet werden dürfen.

5. Baulast

Hierunter fallen sogenannte Geh-, Fahr- und Leitungsrechte, mit denen beispielsweise Zugangsrechte von Nachbarn gemeint sind, die das Grundstück überqueren müssen, um zu ihrem eigenen Haus zu gelangen. Gewillte Bauherren sollten deshalb unbedingt einen Blick in das Baulastenverzeichnis werfen, um im Vorfeld zu klären, ob zukünftige Nachbarn eventuelle Wegerechte haben.

Was ist, wenn es keinen Bebauungsplan gibt?

In vielen Gemeinden gibt es Bebauungspläne nur für Neubaugebiete. Häufig gibt es dagegen keine Bebauungspläne in Altbaugebieten, in denen Grundstücke mit Nachkriegshäusern zum Abriss angeboten werden. Dort kann man keineswegs davon ausgehen, ein neues Haus so bauen zu dürfen wie das, was vorher dort stand. Es kann zum Beispiel sein, dass jetzt mehr Abstand zum Nachbargrundstück eingehalten werden muss. Oft möchten sich Bauherren auch größere Grundstücke mit anderen teilen, so dass zwei oder mehrere neue Häuser darauf entstehen. Man muss dann aber per Bauvoranfrage klären, ob das überhaupt genehmigt wird. Aber gebaut werden kann natürlich auch in einer Baulücke oder auf einem Grundstück, auf dem das vorherige Gebäude abgerissen worden ist. Solche Fälle regelt § 34 des BauGB. Er besagt, dass sich die Neubauvorhaben hinsichtlich ihrer Art, Maß der Nutzung sowie der Bauweise in die Bestandsbebauung der näheren Umgebung einfügen sollen. Weil in solchen Fällen aber immer die Baubehörde entscheidet, sollten zukünftige Bauherren rechtzeitig mit dem zuständigen Bauamt sprechen und eine Bauvoranfrage stellen, ob Ihre Vorstellungen eines Baus auch mit dem des Bauamtes übereinstimmen.

Absicherung durch Voranfrage

Um prüfen zu lassen, ob ihre Bauvorstellungen auf dem betreffenden Grundstück wirklich realistisch sind, können zukünftige Bauherren eine förmliche Bauvoranfrage stellen. Diese Anfrage wird auch „kleines Genehmigungsverfahren“ genannt, ist auch schon vor dem Grundstückskauf möglich und sogar wärmstens zu empfehlen. Es müssen Unterlagen wie Baubeschreibung, Zeichnungen oder Berechnungen eingereicht werden. Je nach Bundesland fallen unterschiedlich hohe Gebühren an, grob zu rechnen ist meistens mit circa einem Tausendstel der Gesamtbaukosten. Finanziell günstiger ist eine formlose Bauvoranfrage, die bereits für 15 Euro zu haben. Allerdings ist diese, anders als die förmliche Voranfrage, nicht rechtsverbindlich. Zu beachten ist aber in jedem Fall, dass die Bauvoranfrage noch kein Genehmigungserfahren ist und dementsprechend noch nicht zum Baubeginn berechtigt.

Wann sollte eine Bauvoranfrage gestellt werden?

Eine Bauvoranfrage sollte immer dann in die Wege geleitet werden, wenn Zweifel daran bestehen, ob die eigenen Vorstellungen tatsächlich genehmigt werden. Aber generell sollte sie auch dann gestellt werden, wenn gar kein Bebauungsplan vorliegt. Der Bebauungsplan sollte auch unbedingt VOR einem Grundstückskauf eingesehen werden, denn Ausnahmen genehmigen die Gemeinden nur selten. Wichtig ist es aber zudem zu wissen, wie in der Umgebung gebaut werden darf. Denn wo generell mehrgeschossiges Bauen erlaubt ist, kann sich später auch nicht beschwert werden, wenn der Nachbar einem die Aussicht mit einer Hausaufstockung verschattet.

Stuttgarter Bebauungspläne jetzt online abrufbar

Wie oben schon kurz erwähnt, regeln in der Landeshauptstadt Stuttgart mehr als 3.500 Bebauungspläne die bauliche und sonstige Nutzung der hier angesiedelten Grundstücke. Ab jetzt sind diese Bebauungspläne auch online zugänglich und abrufbar, und zwar auf der Webseite www.stuttgart.de/bebauungsplaene. Auf einer interaktiven Karte können Interessierte nach Grundstücken und dem für diese geltenden Planrechte bequem von zuhause aus suchen. Zu jedem Bebauungsplan gibt es eine Begründung mit Erklärungen zu den Zielen der Planung, sowohl in zeichnerischer als auch in textlicher Form. Informationen gibt es unter anderem zu bebaubaren Flächen, dem einzuhaltenden Mindestabstand zum Nachbarn und der Form des Hausdaches. Möchten Sie einen Bebauungsplan online einsehen, haben Sie zwei Möglichkeiten:

Möglichkeit 1: Über die Suchleiste können Sie eine Bebauungsplannummer (zum Beispiel „2017_001“) oder einen Bebauungsplannamen eingeben und auswählen.
Klicken Sie auf den angezeigten Bebauungsplan in der Karte, werden die vorhandenen Informationen in einem weiteren Fenster angezeigt und können über die entsprechenden Links direkt aufgerufen werden.

Möglichkeit 2: Direkt in der Karte oder über die Suchleiste zur gewünschten Position navigieren und diese dann in der Karte anklicken. Sichtbar wird der Bebauungsplan mit allen hinterlegten Zusatzinformationen und den entsprechenden Links. Über die Pfeile gelangt man zu den weiteren an dieser Position gefundenen Bebauungsplänen.

Last but not least und zur Vollständigkeit weisen wir ferner auf die Besonderheiten des Stuttgarter Bauplanungsrechts hin. Denn in einigen Gebieten liegen – historisch bedingt – mehrere Planschichten übereinander. In der Regel gilt in solche einem Fall der jüngste Bebauungsplan. Der jeweilige Bebauungsplan kann aber auch durch weitere Bebauungspläne ergänzt sein, die dann zusätzlich anzuwenden sind. Das ist zum Beispiel der Fall bei den Bebauungsplänen zu den sogenannten „Vergnügungsstätten“. Eine diesbezügliche Gesamtübersicht finden Sie in der Ortsbausatzung vom 25. Juni 1935, die in Teilen der Stadt Stuttgart gilt.

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