Baustile und Epochen in der Architektur – von gestern bis heute

Baustile und Epochen in der Architektur – von gestern bis heute

Viele Gebäude sehen nicht nur schön aus, sondern sind auch wichtige historische Quellen. Besonders ihre Fassaden verraten so einiges über die Vergangenheit und spiegeln die architektonischen Trends der einzelnen Zeitepochen wider. So zogen sich im Laufe der Jahrhunderte verschiedene Baustile durch die einzelnen Länder. Neben den architektonischen Äußerlichkeiten geben diese Baustile aber auch Auskunft über die Lebensumstände der Menschen, die zu der Zeit lebten, als diese Gebäude errichtet wurden. Mit großen Mühen und vielen Opfern wurden beispielsweise Kirchen und Kathedralen im Mittelalter gebaut. Wollten die Menschen dadurch ihre Verehrung von Gott zum Ausdruck bringen? Oder wollten Priester und Bischöfe vielmehr die Menschen durch diese riesigen Bauwerke einschüchtern und damit ihre Macht unter Beweis stellen? Oder ging es noch um etwas ganz anderes? Wir haben eine Übersicht über die wichtigsten Baustile unserer Historie zusammengestellt und erläutern, wie man sie einfach unterscheiden und zuordnen kann.

Es gibt eine Vielzahl verschiedener historischer Baustile, die teilweise sehr spezifische Merkmale aufweisen und sich von anderen schon auf den ersten Blick unterscheiden. Anders als andere Stilrichtungen, die zum Beispiel auch in der Modewelt oder im Möbeldesign zu beobachten sind, verändern sich architektonische Baustile über die Jahrhunderte hinweg jedoch viel langsamer. Dementsprechend hat jeder Stil in der Regel ganz typische Merkmale, anhand derer man den jeweiligen Baustil gut erkennen und recht deutlich von anderen Architekturstilen unterscheiden kann – obwohl es natürlich immer wieder auch Überschneidungen gibt, was bestimmte Elemente der historischen Baustile angeht. Zu den wichtigsten europäischen Baustilen zählt man die Romanik, die Gotik, die Renaissance, den Barock-Stil, den Klassizismus, den Historismus, den Jugendstil und die Moderne. In den folgenden Abschnitten stellen wir Ihnen diese Epochen der Geschichte der Architektur ausführlicher vor.

Baustil Romanik

Die romanische Architektur war die erste der bekannten Stilepochen und hat einige beeindruckende Bauwerke hervorgebracht, die in erster Linie durch ihren massiven Stil auffallen. Je nach Einordnung beginnt dieser Baustil in Deutschland im frühen Mittelalter und lässt sich ganz grob in drei Epochen einteilen: Die Frühromanik fand von 900 bis 1070, die Hochromanik von circa 1070 bis 1170 und die Spätromanik von ungefähr 1170 bis 1240 statt. Heutzutage lässt sich der Baustil Romanik dabei vor allem noch bei Kirchen, Klöstern oder auch Burgen finden. Ihr auffälligstes Stilmerkmal ist dabei, dass Bauwerke dieser architektonischen Epoche tendenziell massiv und dunkel sind. Während ihre Fassaden eher schlicht gehalten sind, wurden Fenster und Türen dagegen aufwendig gestaltet. So findet man an diesen meist halbkreisförmige Bögen, mitunter aber auch sogenannte Fensterrosen und zahlreiche Verzierungen wie zum Beispiel Figuren oder Gesichter. Zu den berühmtesten Vertretern des Baustils Romanik zählt in Deutschland der Kaiserdom zu Speyer.

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Kaiserdom zu Speyer © Thomas - stock.adobe.com

Baustil Gotik

Bei der sogenannten gotischen Architektur handelt es sich um einen weiteren mittelalterlichen Baustil. In Deutschland kam dieser architektonische Trend circa Mitte des 13. Jahrhunderts auf. Bis 1500 zählte er zu den vorherrschenden Stilen dieser Bauepoche. So wurden nicht nur Bauten wie Kirchen oder Klöster, sondern auch Bürger- und Rathäuser in diesem Stil gebaut. Gotische Gebäude haben architektonische Erkennungsmerkmale wie hohe Decken, Spitzbögen, durchbrochene Außenwände, farbige Glasfenster mit feiner Struktur, Fensterrosen oder Wasserspeier. Zu den berühmtesten Vertretern dieses Baustils zählt auch eine der beliebtesten und meistbesuchten Sehenswürdigkeiten in Deutschland: der Kölner Dom. Sein Bau begann Mitte des 13. Jahrhunderts und wurde erst 1880 vollendet.

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Kölner Dom © Felix Pergande - stock.adobe.com

Baustil Renaissance

Der Übergang von der Gotik zur Renaissance war fließend. Die Renaissance begann bereits im Jahr 1420 und fand ihren Weg bis hinein in das Jahr 1610. In den meisten europäischen Regionen begann diese architektonische Epoche im frühen 15. Jahrhundert. Kennzeichnend für sie ist die Rückbesinnung auf Elemente der römischen Antike. Grundzüge römischer Architektur waren Symmetrie, Axialität, Richtungsbezogenheit und ein großzügiges Raumgefühl. Die Architekten der Renaissance wollten diese Elemente nicht nur wiederbeleben, sondern auch weiterentwickeln. Gleichzeitig lassen sich neben Elementen der Antike aber auch Stilelemente aus den Epochen Romanik und Gotik finden. Im Vordergrund stand in der Renaissance jedoch vor allem das harmonische Gesamtbild der Bauwerke. Auffällig sind bei den Gebäuden im Renaissance-Stil zudem die vielen geometrischen Strukturen. Aber auch Säulen, Kuppen, Fries und Gesims sowie Tonnen- und Kreuzgratgewölbe zeichnen den Baustil der Renaissance aus. Das historische Rathaus in Memmingen ist ein schönes Beispiel für einen typischen Renaissancebau aus dem 16. Jahrhundert.

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Historisches Rathaus Memmingen © bbsferrari - stock.adobe.com

Baustil Barock

In Ostdeutschland steht wiederum ein beeindruckendes Gebäude, das zu den berühmtesten Baudenkmälern der Barock-Zeit gehört: Die Rede ist vom Dresdner Zwinger. Er spiegelt perfekt wider, was zu dieser Zeitepoche, das heißt im 17. und 18. Jahrhundert, im Trend war: prunkvolle und großzügig gestaltete Bauten. Die Bauweise von Barock-Gebäuden zeichnet sich vor allem durch eine symmetrische Formensprache sowie nach außen und innen gerichteten Krümmungen aus. Insbesondere waren zu dieser Zeit aber auch die Innenbereiche häufig großzügig angelegt und aufwendig gestaltet. Typisch für diese architektonische Stilrichtung sind zum Beispiel filigrane Stuckarbeiten, üppige Verzierungen und kostspielige Materialien wie Marmor oder Gold. Doch auch im Außenbereich wurde darauf geachtet, dass die Gebäude repräsentative Zwecke erfüllen. So sind Bauten im Barock-Stil meist umgeben von großzügigen Parkanlagen. Weitere Erkennungsmerkmale sind ferner auch Kuppeln, Säulen sowie Skulpturen und Kartuschen.

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Dresdner Zwinger © Mistervlad - stock.adobe.com

Baustil Klassizismus

Im sogenannten Klassizismus orientierten sich die Architekten dann erneut, also wie schon in der Renaissance, an der Antike. Allerdings galt ihre Aufmerksamkeit nun nicht der römischen, sondern der griechischen Antike. So wurden besonders Säulen häufig als Gestaltungselement klassizistischer Gebäude genutzt. Beliebt war aber auch ein sogenannter Portikus, also eine Säulenhalle mit horizontalem Gebälk. Zu sehen gibt es diese Stilelemente beispielsweise am Weißen Haus in Washington D.C., aber auch am Braunschweiger Schloss. Vom Zeitraum her umfasst der Baustil Klassizismus je nach Einordnung die Jahre 1770 bis 1840.

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Braunschweiger Schloss © Andreas - stock.adobe.com

Baustil Historismus

Um das Jahr 1850 löste dann der Historismus in vielen Teilen Europas die Architekturepoche des Klassizismus ab und zählte bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges zu den vorherrschenden europäischen Baustilen. Es lassen sich viele stilistische Unterarten beim Historismus beobachten, weil sich diese Baurichtung an vorherigen Bauepochen orientierte. Welche Bautechnik im Einzelfall angewandt wurde, hing vor allem von der Funktion des jeweiligen Gebäudes ab. So findet man beispielsweise häufig Kirchen im gotischen Stil, die zu dieser Zeit errichtet wurden, während Bürgerhäuser stärker am Stil der Renaissance orientiert sind und Repräsentativbauten vor allem dem Barock-Stil nachempfunden wurden. Es lassen sich übrigens verhältnismäßig viele Gebäude der Stilepoche des Historismus zuordnen, was unter anderem auch an dem starken Bauboom dieser Zeit liegt, der durch die industrielle Revolution ausgelöst wurde. Auch die schönen Gründerzeithäuser, die wie ein Ausrufezeichen für wirtschaftlichen Wohlstand wirken, stammen in der Regel aus der Epoche, in der architektonisch der Historismus angesagt war.

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Gründerzeithaus © js-photo - stock.adobe.com

Baustil Jugendstil

Etwa um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert entstand dann der sogenannte Jugendstil in der Architekturgeschichte. Die Stilepoche ist aber auch unter den Namen L’Art Noveau, Sezessionsstil oder Modern Style bekannt. Die meisten Gebäude in diesem Baustil wurden während der Belle Époque, der Ära vor dem Ersten Weltkrieg, gebaut. Charakteristisch dafür sind allgemeiner Wohlstand, kulturelle Innovation und blühende Kunst. Zu beachten ist allerdings, dass es sich beim Jugendstil zunächst nicht um eine in sich geschlossene Stilrichtung handelte. Vielmehr entwickelten sich die heutige Abgrenzung aus mehreren und ganz verschiedenen Stilrichtungen. Gemeinsam hatten die unterschiedlichen Stile jedoch vor allem die Abkehr vom bis dahin vorherrschenden Historismus. Charakteristisch für den Jugendstil sind dementsprechend florale Ornamente und dekorativ geschwungene Linien, aber auch die Abkehr von der Symmetrie und das Motto „Kunst und Leben“. Aufgrund der verschiedenen Stilrichtungen müssen nicht alle Merkmale gemeinsam auftreten.

Besonders Wien war ein bedeutendes Zentrum des Jugendstils. In der österreichischen Hauptstadt entstand 1887 unter der Führung von Gustav Klimt die Wiener „Secession“ als eine Verbindung bildender Künstler Österreichs. Aber auch einer der beeindruckendsten Entwürfe von Gaudi; die Casa Battló in Barcelona, ist eine wahre Demonstration des Jugendstils. Sie beflügelt die Fantasie und lässt unschwer die Inspiration aus der Natur erkennen. Das Gebäude scheint sich zu „bewegen“; wie die Wellen des Meeres. Mosaikmuster erinnern den Betrachter an Fischschuppen und die Struktur des Gebäudes sieht aus wie ein Skelett.

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Casa Battló © saiko3p - stock.adobe.com

Historische Baustile heute

In der sogenannten Moderne – also der Architekturepoche, in der wir uns gerade befinden – haben sich dagegen verschiedene moderne Baustile entwickelt. So lag der gestalterische Fokus moderner Architekten ab den frühen 1920er Jahren auf der Zweckbetonung von Gebäuden und dem Verzicht auf dekorative Elemente. Diese „Neue Sachlichkeit", die auch als Neues Bauen bezeichnet wird, folgte dem Anspruch, die Gestaltung nicht von ästhetischen Ideen abzuleiten. Dies führte unter anderem dazu, dass bei einigen Konstruktionen essenziellen Bauteile wie Versorgungsleitungen, Rohre und Betonwände nicht verdeckt oder verputzt wurden.

Aus der Neuen Sachlichkeit entwickelte sich übrigens auch das Bauhaus, das auf klare Ordnung und eine gewisse Einfachheit durch geometrische Formen wie Kuben setzte. Diese spezielle Art von Funktionalismus gewann vor allem beim Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland an Bedeutung.

Zu der Klassischen Moderne gehört zudem der sogenannten Internationale Stil, der sich in den 1920er-Jahren zunächst in Europa und später in den Vereinigten Staaten durchgesetzt hat. Insbesondere in den USA entsprechen viele Bürogebäude und Wolkenkratzer den Prinzipien des modernen Stils.

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Bauhaus Stiftung Dessau © Claudio Divizia - stock.adobe.com

Was zeichnet die moderne Architektur aus?

Aufgrund zahlreicher Einflüsse und Strömungen unterscheiden sich moderne Bauwerke mitunter erheblich in ihrem Erscheinungsbild. Trotzdem gibt es in der modernen Architektur immer wiederkehrende Merkmale, die formalen und technischen Grundsätzen folgen. Dazu gehören Baumaterialien wie Stahl, Glas und Spannbeton. Zudem ist dieser Baustil von den Leitsätzen zweier amerikanischer Architekten und Vorreiter dieser Epoche geprägt: Form follows function („Die Form folgt der Funktion") von Louis Sullivan und Less is more („Weniger ist mehr") von Ludwig Mies van der Rohe. Die reduzierte, geradlinige Bauweise indiziert jedoch nicht, dass die moderne Architektur nur strenge geometrische Formen zulässt, denn moderne Architektur kann durchaus auch vielseitig und experimentell sein. So gilt beispielsweise der Entwurf für das Glaspaleis im niederländischen Heerlen aus dem Jahr 1934 immer noch als revolutionär und ist ein Paradebeispiel für das Neue Bauen. Für das einstige Warenhaus im Stadtzentrum entwarf Architekt Frits Peutz eine Trägerkonstruktion aus 30 pilzförmigen Säulen, die mit jeder Etage schmaler werden. Die vollständig verglaste Fassade des 26,5 Meter hohen Baus schuf eine Atmosphäre, in der Besucher wie auf einem Marktplatz unter freiem Himmel einkaufen konnten. Und weil die Flächen der insgesamt sieben Stockwerke nicht durch Wände unterteilt waren, entstanden offene, lichtdurchflutete Innenräume. 1995 wurde das restaurierte Glaspaleis unter Denkmalschutz gestellt und wird heute als Kulturzentrum genutzt.

In der Architektur ist die Moderne also nicht so klar wie andere Stilepochen zu klassifizieren. Der Begriff ‚modern‘ gilt vielmehr als Synonym für zeitgemäß und angepasst an die aktuellen Entwicklungen der Wohn- und Lebensbedürfnisse der menschlichen Gesellschaft.

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