Wahlprogramme im Vergleich: Wie geht es nach der Bundestagswahl 2021 weiter?

Wahlprogramme im Vergleich: Wie geht es nach der Bundestagswahl 2021 weiter?

Am 26. September war Bundestagswahl und in den Wahlprogrammen der einzelnen Parteien fanden sich einige Themen, die insbesondere im Hinblick auf unsere zukünftige Regierung für die Immobilienbranche relevant sind. Aber haben Sie jemals analysiert, was die Vorhaben der Parteien für Sie als Immobilienbesitzer oder generell für die Immobilienbranche bedeuten könnten? Wir haben für Sie die Positionen der großen Parteien zu Wohneigentum und Miete, Steuern und Immobilienwirtschaft, Wohnungsbau und Klimapolitik und sozialem Wohnungsbau zusammengefasst.

Wahlprogramme im Vergleich

Sechs relevante Parteien beziehungsweise Parteibündnisse (CDU/CSU, SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen, AfD und Die Linke) traten zur Bundestagswahl 2021 an, um das politische Geschehen in Deutschland in den nächsten vier Jahren mitzugestalten. In ihren jeweiligen Wahlprogrammen kündigten die Parteien auch an, welche Ziele und Initiativen sie im Falle einer Regierungsbeteiligung auf dem Immobiliensektor verfolgen wollen.

1. Thema Miete

Sehr engagiert bei dem Thema Miete zeigen sich in erster Linie und schon seit langem die Grünen. Sie fordern im Kampf gegen steigende Mieten und Immobilienpreise, dass die öffentliche Hand eine stärkere Rolle spielen soll. Ihrer Ansicht nach soll der Verkauf staatseigener Immobilien stärker reglementiert werden. Anstatt Profit sollen Gemeinwohl und bezahlbarer Wohnraum im Vordergrund stehen.

Das Thema Miete nahm aber auch eine wichtige Rolle im Wahlprogramm der Linken ein. Sie spricht sich explizit gegen „Mietenwahnsinn und Verdrängung“ aus, möchte hohe Mieten senken und „gemeinnützige Wohnungswirtschaft“ aufbauen. Wohnen wird von der Linkspartei als „Grundrecht“ bezeichnet.

Die FDP hält Enteignungen, Mietpreisbremsen oder Mietendeckel dagegen für kontraproduktiv und fordert, neuen Wohnraum auf freien Flächen zu bauen.

Die SPD ist wiederum der Meinung, dass Mieten für eine bestimmte Zeit nur im Rahmen der Inflationsrate erhöht werden dürfen. Die Mietpreisbremse soll entfristet und der Mietspiegel neu ausgestaltet werden.

Über das Thema Miete äußert sich die AfD dagegen recht knapp. In Ihrem Programm für die Bundestagswahl 2021 ist lediglich zu lesen, dass „Überregulierungen sowie Investitionshemmnisse“ wie die Mietpreisbremse oder der Mietendeckel gekippt werden sollen.

2. Förderung von Wohneigentum

Die Förderung von Wohneigentum ist für die CDU/CSU ein wichtiges Thema. Sie möchte die KfW-Wohneigentumsprogramme für Familien ausweiten, die Grunderwerbsteuer senken sowie den Freibetrag für Familien beim erstmaligen Immobilienkauf, Mietkaufmodelle und die Unterstützung genossenschaftlicher Wohnmodelle überprüfen.

Auch die SPD möchte Familien den Erwerb von Genossenschaftsanteilen erleichtern und Mietkaufmodelle fördern, während Die Linke ein Vorkaufsrecht für Mieter fordert und der FDP ein Freibetrag von bis zu 500.000 Euro für natürliche Personen bei der Grunderwerbsteuer vorschwebt.

Die AfD dagegen möchte die Grundsteuer ganz abschaffen und die Grunderwerbsteuer auf selbstgenutzte Wohnimmobilien komplett streichen.

Die Grünen plädieren für das Bestellerprinzip bei Immobilienkäufen und wollen die Makler-Courtage auf zwei Prozent begrenzen. Die Grunderwerbsteuer soll für große Wohnungsunternehmen erhöht und für private Käufer gesenkt werden.

3. Spekulation und Immobilienwirtschaft

Bei den Wahlprogrammen im Vergleich wird auch ersichtlich, dass die Grünen Spekulationen mit Bauland und Wohnraum in Zukunft unbedingt vermeiden möchten. Ihnen ist außerdem daran gelegen, diverse Aktivitäten gegen Geldwäsche durchzusetzen. So möchten sie beispielsweise Immobilienkäufe durch Bargeld verbieten.

Die SPD dagegen möchte mit staatlicher Bodenpolitik die Spekulation mit Grund und Boden stoppen. In diesem Kontext unterstreicht die SPD das Vorkaufsrecht für Kommunen zu fairen Preisen, transparentere Eigentumsverhältnisse und ein zentrales Immobilienregister. Wenn es nach der SPD ginge, soll die Steuerfreiheit für Veräußerungsgewinne nicht selbst genutzter Grundstücke nach zehn Jahren abgeschafft werden.

Um den Immobilienmarkt unattraktiv für Finanzinvestoren werden zu lassen, fordern die Linken ihrerseits ein Antispekulationsgesetz, das Steuertricks unterbinden und Gewinne stärker besteuern soll. Ferner fordern sie die Enteignung von Wohnungskonzernen wie Vonovia und Deutsche Wohnen. Auch ein Vorkaufsrecht der Kommunen soll Spekulanten abhalten, schlägt die Linkspartei vor.

4. Neuen Wohnraum schaffen

Die Grünen nehmen sich vor, den Wohnungsmarkt in Deutschland intensiver zu regeln und auf diese Weise mehr Wohnraum zu schaffen.

Ebenso will die SPD kommunale und private Wohnungsunternehmen sowie Genossenschaften stärker in die Pflicht nehmen, aber auch Vermieter*innen, die Bauwirtschaft und die Gewerkschaften. Der Erwerb von Wohneigentum soll vor allem für junge Familien einfacher werden.

Die Schaffung von Wohnraum ist aber auch für die CDU/CSU ein wichtiges Thema. Sie möchte „mehr, schnell, modern und bezahlbar bauen“. Bis 2025 wünschen sich die Christdemokraten 1,5 Millionen neue Wohnungen in Deutschland.

Um Investitionen in den Wohnungsbau zu fördern, möchte die FDP die lineare Abschreibung von zwei auf drei Prozent erhöhen.

Auch die AfD legte bei der Bundestagswahl 2021 ein umfangreiches Konzept vor, um neuen Wohnraum zu schaffen. Darin fordert sie unter anderem die Vereinfachung und Vereinheitlichung des Baurechts, die Beschleunigung von Verfahren und eine steuerliche Sonderabschreibung für die eigengenutzte Immobilie.

Die Linke sieht die Lösung zu diesem Thema wiederum in politischem Einschreiten gegen Ungleichverteilung und Spekulation.

5. Steuern

Die Wahlprogramme im Vergleich zeigen jedoch vor allem beim Thema Steuern große Unterschiede auf.

Insbesondere für Hauseigentümer ist interessant: Die CDU/CSU positioniert sich klar gegen eine Wiedereinführung der Vermögensteuer und bezeichnet diese als „Wohlstandsbremse“. Auch die FDP lehnt jede Form der Vermögensabgabe oder gar eine Wiederbelebung der Vermögensteuer ab. Zugleich möchte die FDP die Erbschaftssteuer überprüfen. Die SPD differenziert und fordert eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer „für sehr hohe Vermögen“ in Höhe von einem Prozent. Auch die Erbschaftssteuer soll neu geregelt werden, Betriebsvermögen und Familienstiftungen sollen nicht länger in dem Maße wie bisher geschont werden. Die Grünen plädierten bei der Bundestagswahl 2021 für eine Wiedereinführung der Vermögensteuer für Vermögen oberhalb von zwei Millionen Euro pro Person und zu jährlich einem Prozent.

Eine spezielle Position bei dem Thema Steuern bezieht die AfD: Neben Änderungen bei der Grunderwerbssteuer lehnt sie die Vermögenssteuer sowie Erbschafts- und Schenkungssteuer ab. Nicht überraschend positionierte sich Die Linke, die die Steuerfreiheit von privaten Immobilienverkäufen komplett aufheben möchte. Auch wenn es um die Grundbesteuerungen geht, will Die Linke eine harte Linie fahren: Vermögen von mehr als einer Million Euro sollen mit fünf Prozent belastet werden, die Erbschaftssteuer auf hohe Erbschaften soll erhöht und auch die Körperschaftssteuer soll nach Vorstellungen der Linken auf 25% erhöht werden.

6. Klima, Bauen und Sanieren

Tangiert wird der Immobiliensektor auch bei diversen klimapolitischen Themen. Die Grünen sprachen im Rahmen der Bundestagswahl 2021 von einer „Bau- und Wärmewende“. Ihr erklärtes Ziel sind 1 Million neue Solardächer in den kommenden vier Jahren sowie diverse Fördermaßnahmen für mehr Energieeffizienz. Für Bestandsimmobilien soll bei Eigentümerwechsel ein „Sanierungsfahrplan“ erstellt werden.

Auch die CDU/CSU beschäftigte sich in ihrem Wahlprogramm mit energiepolitischen Themen, setzt jedoch verstärkt auf „technologische Weiterentwicklung und Innovationen“. Die energetische Sanierung von Immobilien bezeichnet sie als ein „Muss“, um die anvisierten Klimaziele erreichen zu können. Energetische Sanierung soll steuerlich stärker gefördert werden, Mieter sollen aber auch vor finanzieller Überlastung durch teure Sanierungsmaßnahmen geschützt werden. Beim Bauen sollen mehr umweltfreundliche und heimische Baustoffe wie Holz und Recyclingmaterial Verwendung finden.

Die SPD dagegen bekennt sich zu verbindlichen Ausbauzielen für erneuerbare Energien und verspricht gezielte Förderungen. In diesem Zusammenhang sollen „alle dazu geeigneten Dächer eine Solaranlage bekommen“. Konkretes Ziel ist der schrittweise Weg zu CO2-Neutralität für den Gebäudesektor, bis 2030 sollen fünf Millionen Häuser über innovative Heiz- und Energiesysteme versorgt werden. Finanziert werden soll dieses Vorhaben über den CO2-Preis, der von Vermieter*innen getragen werden soll.

Im Bereich Klimaschutz positioniert sich Die Linke klar als Unterstützer, lehnt aber sämtliche Mieterhöhungen in diesem Zusammenhang ab.

Die AfD steht dem Ausbau von erneuerbaren Energien dagegen

grundsätzlich kritisch gegenüber, über energetische Sanierung von Immobilien ist nichts in ihrem Programm zur Bundestagswahl 2021 zu finden.

7. Soziale Fragen und sozialer Wohnungsbau

Für die Grünen gehört das „Recht auf Wohnen“ als Grundrecht in das deutsche Grundgesetz, aber auch grundlegend möchte die Partei im Namen von Mieterschutz und sozialer Gerechtigkeit staatlich stärker in den Bereich Wohnen eingreifen.

Nach Meinung der SPD soll über die Einführung des Prinzips der „Wohnungsgemeinnützigkeit“ ein nicht gewinnorientiertes Segment auf dem Wohnungsmarkt geschaffen werden, um mehr Sozialwohnungen zu bauen.

Um sozialen Wohnungsbau weiter zu fördern verweist die CDU/CSU auf Investitionen über KfW-Programme.

Wenn die FDP an der Regierungsspitze stehen sollte, sollte ihrer Meinung nach Wohnraum nicht nur durch Sozialwohnungsbau günstiger werden, sondern auch durch eine Unterstützung sozial schwacher Mieter durch Wohngeld.

Die AfD setzt beim Thema soziales Wohnen dagegen auf Wohngeld statt auf Sozialwohnungsbau.

Und Die Linke vertritt, wie sollte es auch anders sein, in sozialen Fragen eine radikale Linie und fordert einen kompletten Neustart im sozialen und gemeinnützigen Wohnungsbau, unter anderem durch die Erhöhung von Wohngeld, Mieterlass in Krisenzeiten und das Verbot von Massenunterkünften für Geflüchtete, Wohnungslose oder Saisonarbeiter*innen.

Bundestagswahl 2021 - Wahlprogramme im Vergleich

Ruhe vor dem Sturm? Ob im neuen Bundestag bald weitreichende Folgen für Immobilieneigentümer beschlossen werden bleibt abzuwarten.

Wie geht es nach der Regierungsbildung weiter?

Nach dem knappen Wahlausgang der Bundestagswahl 2021 braucht Deutschland nun eine neue Regierung, der Ausgang der Verhandlungen ist derzeit noch ungewiss. Fest steht zumindest: Die 16-jährige Amtszeit von Angela Merkel war von der Bewältigung zahlreicher Krisen bestimmt: Finanzkrise, Schuldenkrise, Flüchtlingskrise und zuletzt die Corona-Krise haben ordnungspolitische Visionen in den Hintergrund treten lassen. Zwar hinterlässt die noch amtierende Bundeskanzlerin am Ende ihrer Amtszeit ein Land, das insgesamt erfolgreich durch diese großen Krisen gekommen ist. Aber es besteht auch erheblicher Nachholbedarf, wenn es darum geht, langfristige Herausforderungen anzugehen.

In diesem Zusammenhang war wohl auch aktuell das Interesse an der Wirtschaft so groß wie selten zuvor – nicht nur hinsichtlich aktueller Themen, sondern auch hinsichtlich ganz grundsätzlicher Fragen: Wie passen die milliardenschweren Corona-Hilfen und die Schuldenbremse zusammen? Wie können wir die Klimakrise lösen, ohne unsere Wettbewerbsfähigkeit zu schwächen? Wie erwirtschaften wir unsere Rente und den Wohlstand von morgen?

Nach aktuellem Stand ist eine rot-gelb-grüne Koalition, die sogenannte Ampel, am wahrscheinlichsten. Welche Partei sich am ehesten mit ihren Plänen durchsetzen wird, bleibt abzuwarten. Auch die Frage, in welchem Umfang Immobilienbesitzer*innen zur Kasse gebeten werden, ist konkret aber noch nicht absehbar. Vor vier Jahren dauerte es fast ein halbes Jahr, bis die Regierung aus Union und SPD zustande gekommen war. Zwar beteuern derzeit alle Parteien, dass die Regierungsbildung dieses Mal schnell gehen soll. Eine Garantie dafür gibt es jedoch natürlich nicht und es bleibt weiterhin spannend, was auf uns zukommen wird.

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