Das Statistische Amt der Landeshauptstadt Stuttgart veröffentlichte kürzlich den Wohnungsmarktbericht Stuttgart 2021 sowie die Ergebnisse einer Expertenbefragung. Vorgelegt wurden nicht nur eine Fülle von Zahlen und Fakten über die aktuelle Lage auf dem Wohnungsmarkt Stuttgart, sondern auch eine Analyse über die möglichen Folgen der Corona-Pandemie. Das Fazit der Herausgeber lautet: Auch wenn sich schon vor der Pandemie eine abschwächende Dynamik bei der Einwohnerentwicklung abzeichnete, bleibe die Nachfrage nach Wohnraum in der Region hoch, Immobilienpreise und Mieten steigen derzeit trotz der Corona-Krise in allen Stuttgarter Wohnlagen weiter. Der jüngst veröffentlichte Bericht nahm aber auch zu folgenden Fragen Stellung: Wie gestaltet sich die Wohnungsversorgung in der Stadt? Wie hoch ist die Mietbelastung der Haushalte und der Anteil bezahlbarer Mietwohnungen? Und was unternimmt die Stadt, um in Zukunft eine angemessene und bezahlbare Wohnraumversorgung für bedürftige Haushalte zu gewährleisten?
Fakt ist: 2020 ging die Zahl der Stuttgarter Einwohner um 6.300 auf 608.260 zurück. Die Gründe dafür seien insbesondere der fehlende Zuzug von Arbeitnehmern aus dem Ausland und Studenten, aber auch die getrübte konjunkturelle Lage im Allgemeinen habe bei dieser Entwicklung sicherlich eine Rolle gespielt, analysierte das Statistische Amt der Landeshauptstadt Stuttgart. Gleichzeitig konnte das Umland Zuwachs an neuen Einwohnern verbuchen. Insbesondere Familien seien aufgrund der hohen Preise in der Stadt dorthin umgesiedelt, aber auch das Homeoffice als neue Arbeitsform hätte bei der Wahl der neuen Wohnstandortwahl eine große Rolle gespielt. Das Statistische Amt geht jedoch davon aus, dass trotz der jüngsten Tendenz Richtung Umland die Einwohnerzahl Stuttgarts bis 2030 weiter steigen werde, wenn auch voraussichtlich geringer als vor Corona angenommen.
Weiterhin sei zu beobachten, so der Bericht, dass der Anteil der im Wohneigentum lebenden Haushalte auf dem Wohnungsmarkt Stuttgart derzeit bei 26 Prozent stagniert. Sogar gesunken ist der Anteil der Wohnungseigentümer in der Altersgruppe von 30 bis 39 Jahren. Auch die durchschnittliche Pro-Kopf-Wohnfläche ist kleiner geworden: Mieterhaushalte verfügen auf dem Wohnungsmarkt Stuttgart im Durchschnitt über 38 Quadratmeter pro Kopf, Eigentümerhaushalte über 48,5 Quadratmeter, im Durchschnitt verfügt jeder Stuttgarter über 40 Quadratmeter. Dennoch hat der Wohnungsmarkt Stuttgart auch 2021 eine hohe Beständigkeit zu verzeichnen: Durchschnittlich würden Stuttgarts Einwohner elf Jahre lang am gleichen Wohnort leben, besagt der Bericht.
Zu hohe Mieten und der Wohnungsmangel sind aus Sicht der Stuttgarter Bürgerinnen und Bürger aber weiterhin die größten Probleme in der Stadt. Dementsprechend gehört die Wohnungsmarktentwicklung auch zu den derzeit am meisten diskutierten Themen in Stuttgart. Im Mittelpunkt dieser Debatten steht die Frage nach der Beschaffung von bezahlbarem Wohnraum. Was also unternimmt die Stadt, um eine angemessene und bezahlbare Wohnraumversorgung zu gewährleisten und den Wohnraummangel zu lindern?
Die Basis der Stuttgarter Stadtentwicklungsplanung bildet das sogenannte Stadtentwicklungskonzept. Aus diesem wurde im Amt für Stadtplanung und Wohnen die Handlungsstrategie „urbanWohnen“ abgeleitet, welche die grundlegenden Weichen für das sozial ausgewogene und städtebaulich qualifizierte Wohnen in der Stadt gestellt hat. Es umfasst Maßnahmen des Wohnraumschutzes, die Entwicklung qualifizierter Wohndichten, umfassende Vorgaben für den Wohnungsbau in neuen Stadtquartieren und die bürgerschaftliche Beteiligung bei der Schaffung von Wohnraum. Um die Abwanderung vor allem junger Familien ins Umland abzuschwächen und mehr bezahlbaren Wohnraum bereitzustellen, soll der Wohnungsneubau verstärkt werden. Jedes Jahr sollen auf dem Wohnungsmarkt Stuttgart 1.800 neue Wohnungen geschaffen werden. Um diesen ambitionierten Plan umzusetzen, haben Wohnungsbauunternehmen, Baugenossenschaften und Interessenverbände sowie die Stadt Stuttgart im sogenannten „Bündnis für Wohnen“ die Umsetzung dieser Ziele konkret vereinbart. Derzeit lässt die Stadt Stuttgart auch eine „Potenzialanalyse Wohnen“ für das gesamte besiedelte Stadtgebiet erarbeiten, um noch nicht erschlossene Wohnbaupotenziale zu identifizieren.
Eine entscheidende Rahmenbedingung für die Stuttgarter Bauland- und Wohnungsmarktpolitik ist jedoch der kluge Umgang mit knapper Fläche. Zwar werden schon seit längerem an vielen Stellen Baulücken, Brachflächen sowie ungenutzte Areale zur Schaffung neuer Wohnbauflächen genutzt. Allerdings reicht der Umfang dieser Maßnahmen bei weitem nicht aus, um den Wohnraumbedarf vollständig zu decken und das Steigen des Mietniveaus einzudämmen. Es stellt sich also die Frage, welche Anstrengungen in Zukunft unternommen werden, um neue Wohnbaupotenziale zu erschließen und mehr Wohnraum im Stadtgebiet zu schaffen.
In diesem Rahmen erinnert der Bericht zunächst daran, dass die Bautätigkeit auf dem Wohnungsmarkt Stuttgart in den Jahren 2018 und 2019 deutlich an Schwung verloren hat. 2019 wurden so wenige Wohnungen bezugsfertig wie zuletzt 2013. Im Vergleich zu 2018 ging die Bautätigkeit um 20 Prozent, im Vergleich zu 2017 sogar um 30 Prozent zurück. Gleichzeitig wurden 2019 dem Wohnungsmarkt Stuttgart 562 Wohnungen entzogen, entweder durch Abriss oder der Nutzungsänderung von Gebäuden.
Von den 145 neu errichteten Wohngebäuden im Jahr 2019 waren 46 Einfamilienhäuser und 85 Mehrfamilienhäuser mit drei und mehr Wohnungen. Dazu wurden 11 Zweifamilienhäuser und drei Wohnheime fertiggestellt. Eine durchschnittliche Neubauwohnung hatte 2019 in Stuttgart 88 Quadratmeter Wohnfläche und 3,3 Räume. Besonders die Einfamilienhäuser sind in den letzten Jahren stetig größer geworden. Zuletzt lag die Durchschnittsgröße in diesem Segment mit 161 Quadratmetern allerdings etwas niedriger als in den Vorjahren.
Die Stadtentwicklungsplanung hat aber auch zu einer deutlichen Verschiebung der räumlichen Schwerpunkte der Bautätigkeit innerhalb des Stadtgebietes seit Anfang dieses Jahrtausends geführt. Das bedeutet: Während das innere Stadtgebiet in den letzten Jahren stetig an Bedeutung gewann, ging der Anteil an den Fertigstellungen im nördlichen äußeren Stadtgebiet deutlich zurück. Allerdings ist aktuell wieder eine Trendumkehr zu beobachten. So wurden in den letzten Jahren im Norden wieder mehr Wohnungen gebaut. Die Bautätigkeit in den südlichen Außenbezirken lies dagegen nach. In den Jahren 2018 und 2019 wurden mit 484 Wohnungen die meisten Einheiten im Stadtbezirk Nord errichtet, gefolgt von Zuffenhausen mit 400 Wohnungen. Der Bezirk Feuerbach rangiert mit 270 Wohnungen auf dem dritten Rang. Die größten fertiggestellten Neubauprojekte sind das Baugebiet „Roter Stich“ in Zuffenhausen, die Neubauten am Theoderichweg in Feuerbach, das Olga-Areal im Stuttgarter Westen sowie der erste Bauabschnitt des ehemaligen AutoStaiger-Areals in Stuttgart-Nord.
Auch interessant ist, dass 2019 immerhin 46 Prozent der Neubaubezieher Ein- oder Zweipersonenhaushalte unter 45 Jahren waren. Der Grund dafür liegt in den hohen Miet- und Kaufpreisen von Neubauwohnungen, die oft nur von Singles und kinderlosen Paaren bezahlt werden können.
Das ambitionierte Ziel, jährlich 1.800 neue Wohneinheiten zu bauen, basiert auf der sogenannten Zeitstufenliste Wohnen. Sie soll der realitätsnahen Darstellung von Entwicklungsperspektiven dienen, den Ausbau von Bauflächenpotenzialen fördern und Maßnahmen zur Deckung des aktuellen und absehbaren Wohnungsbedarfs formulieren. In der Liste wird eine zeitliche Abfolge der Realisierung von Wohnbauflächen nach Zeitstufen von 0 bis 3 (sofort bebaubar, kurz-, mittel-, langfristig bebaubar) determiniert. Damit lassen sich die städtische Zielzahl im Wohnungsbau und die zeitliche Reichweite der Potenziale einordnen. Die Zeitstufenliste Wohnen wird im Vierjahresrhythmus mit zweijährigem Sachstandsbericht fortgeschrieben.
Für die künftige städtebauliche Entwicklung hat die Stadtverwaltung drei Szenarien erarbeitet:
Der Gemeinderat will noch in diesem Jahr über diese drei Szenarien diskutieren und entscheiden.
Das Statistische Amt der Landeshauptstadt Stuttgart teilte ferner in seinem Bericht mit, dass es 2019 in der Stadt 75.196 Wohngebäude gab, von denen etwa die Hälfte auf Ein-, Zwei- sowie Mehrfamilienhäuser entfielen. Aufgrund der sehr dichten Bebauung im Talkessel und entlang des Neckars hat Stuttgart im Vergleich mit den zehn größten Städten Deutschlands den niedrigsten Anteil an Einfamilienhäusern, gemeinsam mit Düsseldorf ist Stuttgart jedoch Spitzenreiter bei der bestehenden Anzahl an Mehrfamilienhäusern. Eine weitere Besonderheit auf dem Wohnungsmarkt Stuttgart ist auch die hohe Anzahl an Zweifamilienhäusern. Hier liegt Stuttgart im Großstadtvergleich ebenfalls vorne. Zweifamilienhäuser wurden in Stuttgart hauptsächlich zwischen den Weltkriegen und in den Nachkriegsjahren errichtet. Sie sind typisch für die Kesselrandlagen, den Norden des Bezirks Botnang sowie die Stadtbezirke Ober- und Untertürkheim. In den vergangenen Jahren spielte der Bau von Zweifamilienhäusern jedoch kaum mehr eine Rolle.
Aufgrund des weiterhin sehr angespannten Wohnungsmarktes ist auch der Wohnungsleerstand seit 2010 deutlich gesunken, teilte das Statistische Amt in seinem Bericht mit, während der Anstieg der Mieten und Kaufpreise für Wohnimmobilien in Stuttgart weiter seinen Lauf nimmt. Wegen der anhaltend hohen Wohnungsnachfrage und Enge am Wohnungsmarkt sind viele Wohnungssuchende in Stuttgart nach wie vor dazu bereit, sehr hohe Mieten zu zahlen. Zudem sind, aufgrund fehlender Anlagealternativen und günstiger Finanzierungsbedingungen, Wohnungen zur Selbstnutzung und als Kapitalanlage weiter sehr gefragt. Kurz: Der Wohnungsbau konnte in den letzten Jahren die hohe Nachfrage nicht decken, Stuttgart hat momentan hinter München und Frankfurt den teuersten Mietwohnungsmarkt. Die immer weiter steigenden Mieten erschweren es insbesondere Haushalten mit kleinen und mittleren Einkommen, erschwinglichen Wohnraum im Stadtgebiet zu finden.
Die Preise für Wohnbauplätze am Wohnungsmarkt Stuttgart entwickelten sich 2020 seitwärts, so der Bericht. Ein Wohnbauplatz für den ein- bis zweigeschossigen Wohnungsbau kostete 2020 im Durchschnitt 1.515 Euro pro Quadratmeter und wies damit keine wesentliche Veränderung zu 2019 auf.
Der Bericht des Statistischen Amtes der Landeshauptstadt Stuttgart teilt ferner mit, dass dank eines starken Schlussquartals die Umsatzeinbußen insgesamt weniger gravierend ausfallen, als es anfangs aufgrund der Corona-Pandemie vermutet wurde. Insgesamt wurden 2020 vom Gutachterausschuss für die Ermittlung von Grundstückswerten in Stuttgart 5.069 Kaufverträge erfasst. Damit bleibt die Zahl der Immobilienverkäufe seit 2017 auf historisch niedrigem Niveau. Der Geldumsatz sank dagegen im zweiten Jahr in Folge. 2018 wurde noch ein neuer Rekordwert von fast 4,19 Milliarden Euro auf dem Grundstücksmarkt umgesetzt, 2020 waren es nur noch 3,50 Milliarden Euro. Dennoch rangiert das Jahr 2020 damit etwa 8 Prozent über dem zehnjährigen Durchschnitt.
Die aktuelle Mietentwicklung veranschaulicht eindrücklich die angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt Stuttgart. Die ortsübliche Vergleichsmiete des Stuttgarter Mietspiegels stieg zwischen 2018 und 2020 um durchschnittlich 7,7 Prozent auf 10,34 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Mit der höchsten Steigerung seit 20 Jahren fällt der Anstieg damit etwas höher aus als vor zwei Jahren (7,2 Prozent). Die Mietbelastungsquote ist auf dem Wohnungsmarkt Stuttgart dagegen sehr unterschiedlich: Mieterhaushalte gaben 2020 im Schnitt 30 Prozent ihres Nettoeinkommens für ihre Bruttokaltmiete (Kaltmiete inklusive kalte Nebenkosten) aus, Haushalte mit weniger als 1.300 Euro Nettoeinkommen mussten jedoch im Durchschnitt 55 Prozent für die Miete aufwenden, Haushalte mit einem Einkommen von 5.000 Euro und mehr nur 18 Prozent. 59 Prozent der Haushalte hätten eine unproblematische Mietbelastungsquote von weniger als 30 Prozent, 11 Prozent müssten mehr als die Hälfte ihres Einkommens aufwenden, so der Bericht.
Auch wenn die Dynamik des Mietpreiswachstums etwas nachlässt und die Einwohnerzahl infolge der Pandemie spürbar gesunken ist, deuten die aktuellen Entwicklungen nicht auf eine absehbare Entspannung am Stuttgarter Wohnungsmarkt hin, sind sich dem Bericht zufolge die Experten einig. Weiterhin trifft schließlich auf dem Wohnungsmarkt Stuttgart eine zu hohe Nachfrage auf ein zu knappes Angebot. Gleichzeitig ist der Markt durch verschiedene Ausgleichsmechanismen gekennzeichnet. So zeigen die Wanderungsdaten der vergangenen Jahre, dass Wohnungsengpässe innerhalb Stuttgarts zum Teil durch Abwanderungen in das Umland kompensiert werden. Noch ist es aber zu früh, aus den Entwicklungen der vergangenen Monate abzuleiten, inwieweit die Pandemie den Trend in das gut angebundene Umland weiter verstärkt. In einer repräsentativen Umfrage brachten mehr als 1.200 Unternehmen gerade zum Ausdruck, ihren Beschäftigten nach der Corona-Krise nicht mehr Homeoffice als vor der Krise zu ermöglichen. Auf der anderen Seite könnte eine erhöhte Auslandszuwanderung nach der Pandemie dafür sorgen, dass der Wachstumsdruck in Stuttgart wieder zunimmt. Angesichts der nach wie vor vorhandenen Anziehungskraft Stuttgarts ist davon auszugehen, dass die Landeshauptstadt in den nächsten Jahren in gleichen Maßen wächst, wie netto neue Wohnungen geschaffen werden. Wegen der geringen Wohnbauflächenpotenziale dürfte Stuttgart in den nächsten Jahren auch weder sein Einwohnerpotenzial in vollem Umfang ausschöpfen, noch die Knappheit am Wohnungsmarkt beseitigen können.
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