Wohnungsbedarfsanalyse Stuttgart 2030: Mehr Nachfrage als Angebote

Wohnungsbedarfsanalyse Stuttgart 2030: Mehr Nachfrage als Angebote

Der angespannte Wohnungsmarkt ist schon seit langem eine der größten Herausforderungen für die Stadt Stuttgart, denn die hohe Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum übersteigt definitiv die knappe Wohnbaufläche in der Region. Wie sollte also die Landeshauptstadt in Zukunft wachsen? Darüber wird in Gesellschaft, Politik und Stadtverwaltung immer wieder und intensiv diskutiert. Das Statistische Amt Stuttgart veröffentlichte nun das neue Themenheft „Wohnungsbedarfsanalyse Stuttgart 2030“, das in Zusammenarbeit mit dem Amt für Stadtplanung und Wohnen erstellt wurde. Der umfangreiche Bericht bietet eine Einschätzung des aktuellen und zukünftigen Wohnungsbedarfs bis zum Jahr 2030 und soll die richtigen Weichen für die wohnungspolitischen Entscheidungen der Stadt Stuttgart stellen.

Kurz und knapp lässt sich vorwegnehmen: Die gerade veröffentlichte Wohnungsbedarfsanalyse bestätigt, dass die neu gebauten Wohnungen in der jüngsten Vergangenheit die bestehende Nachfrage auf dem Stuttgarter Wohnungsmarkt bei weitem nicht decken können. Auch in den kommenden Jahren sei eine Entspannung in allen Segmenten, insbesondere bei preisgünstigen Wohnungen, nicht zu erwarten. Dennoch bleibe die Landeshauptstadt als Wohnort sehr attraktiv und verfüge zudem über ein nicht unerhebliches Zuwanderungspotenzial. Diese Tendenzen hätte eine umfangreiche und repräsentative Umfrage unter rund 4.200 Personen ergeben, teilte das Statistische Amt Stuttgart in seinem Bericht mit. Doch wie sollte nun konkret für die Zukunft geplant werden?

Wohnungsbaubedarf bis 2030

Um den zukünftigen Bedarf auf dem Stuttgarter Wohnungsmarkt realistisch einzuschätzen, ist eine Einschätzung des Bedarfs an Wohnungsbau notwendig: Wie viele zusätzliche Wohnungen werden in der Stadt benötigt? In welchen Wohnungsmarktsegmenten und für welche Nachfragegruppen bestehen Versorgungsengpässe? Für die Beantwortung dieser Fragen stützte sich das Statistische Amt Stuttgart auf drei Komponenten: Neben Ersatz- und Nachholbedarf geht auf der Grundlage von verschiedenen Varianten der Bevölkerungs- und Haushaltsentwicklung ein demografisch bedingter Neubaubedarf ein. Auf dieser Grundlage basierend kam das Statistische Amt Stuttgart wiederum zu dem Ergebnis, dass der Gesamtbedarf am Wohnungsbedarf Stuttgart bis zum Jahr 2030 zwischen 13.400 und 22.400 Wohnungen betrage. Dies entspricht einem jährlichen Neubaubedarf von durchschnittlich 1.340 bis 2.240 Wohnungen. Bis zum Jahre 2025 müsste unter Umständen sogar mit bis zu 3.020 zusätzlichen Wohnungen pro Jahr gerechnet werden. In der darauffolgenden Fünf‐Jahres‐Periode schwäche sich nach Einschätzung des Statistischen Amt Stuttgarts der Bedarf dagegen deutlich ab, nämlich bis auf maximal „nur“ 1400 Wohnungen pro Jahr.

Wer braucht was?

Die Wohnungsbedarfsanalyse zeigt aber auch auf, dass besonders die Bereitstellung von zielgruppenadäquatem Wohnraum in bezahlbarem Rahmen eine große Herausforderung ist. Es wurde hierbei zugrunde gelegt, dass die Zahl der älteren Haushalte zwischen 65 und unter 80 Jahren bis 2030 am deutlichsten zunimmt und dass zudem von einer wachsenden Zahl an Ein- und Zweipersonenhaushalte zwischen 30 und unter 45 Jahren sowie junger Familienhaushalte bis unter 45 Jahren auszugehen ist. Als Konsequenz bedeutet dies, dass in Zukunft vor allem kleinere Wohnungen, familiengerechter Wohnraum und barrierefreie Appartements für Senioren benötigt werden. Der größte Teil der zusätzlichen Wohnungsnachfrage bis 2030 entfalle dementsprechend auf Geschosswohnungen zur Miete. Um jungen Familien gerecht zu werden, müssen größere Wohnungen gebaut und dem Eigenheimbau mehr Bedeutung zugesprochen werden. Um die durchschnittliche Wartezeit für eine Sozialmietwohnung von derzeit 2,5 Jahren auf ein Jahr zu senken, müssen rund 2.800 zusätzliche Wohnungen gebaut werden, resümierte die Wohnungsbedarfsanalyse 2030.

Wohnungsmarktbezogene Verlagerungen

Seit 2012 verliert die Stadt Stuttgart allerdings auch immer mehr Einwohnerinnen und Einwohner an ihr Umland, im Jahr 2021 waren es fast 20.000 Personen. Die aktuelle Wohnanalyse zeigt dabei auf, dass vor allem junge Familien von der Stadt Stuttgart ins Umland ziehen. Doch auch immer mehr Haushalte mit überdurchschnittlich gutem Haushaltseinkommen, die häufig den Wunsch nach Wohneigentum haben, kehren der Landeshauptstadt den Rücken. Neu in die Landeshauptstadt ziehen dagegen größtenteils junge Haushalte aus bildungs‐ und berufsbedingten Gründen. Dorthin würden über die Hälfte der abgewanderten Haushalte in Zukunft auch zurückkehren, wenn sie dort ein passendes Angebot vorfinden würden. Dieser Umstand sei, resümiert die Wohnungsbedarfsanalyse 2030, ein deutliches Zeichen für die ungebrochene Attraktivität der Stadt Stuttgart. In der aktuellen Umfrage gaben zudem über ein Viertel aller Befragten an, dass die Corona-Pandemie den Wunsch nach einem neuen Zuhause mit mehr Platz und Naturnähe geweckt habe. Eine tatsächliche Stadtflucht infolge der Pandemie zeige sich am Stuttgarter Wohnungsmarkt bisher aber noch nicht, wurde in dem Bericht unterstrichen.

Kluge Nutzung der Potenziale

Die Landeshauptstadt hat in der Vergangenheit zwar schon einige Initiativen ergriffen, um dem anhaltenden Wohnungsmangel in Stuttgart entgegenzuwirken. So wurden zum Beispiel zahlreiche Baulücken, Brachflächen sowie ungenutzte Areale zur Schaffung neuer Wohnungen genutzt. Allerdings eröffnen die bisher vorgestellten Wohnungsbaupotenziale keine Möglichkeiten, den Wohnungsbau in Stuttgart kurz- bis mittelfristig so zu erhöhen, dass der Bedarf in allen Varianten gedeckt werden könnte. Aber: Auf lange Sicht gesehen verfügt Stuttgart durchaus über ein hohes Potenzial an Flächen, auf denen neuer Wohnraum gebaut werden kann. Allerdings benötigt die Entwicklung solcher Projekte nicht nur stabile personelle und finanzielle Ressourcen, sondern vor allem auch lange Vorlaufzeiten. Im Hinblick auf den hohen und dringenden Wohnungsbedarf sollten diese Vorhaben deshalb auch so schnell wie möglich angegangen werden.

Um bezahlbaren Wohnraum langfristig zu schaffen, eignet sich neben dem sozialen Wohnungsbau vor allem auch die Verlängerung auslaufender Belegungsrechte. Aber auch der freifinanzierte Wohnungsbau spielt in diesem Kontext eine wichtige Rolle. Studien haben zum Beispiel gezeigt, dass auch der Bau von Einfamilienhäusern und hochpreisigen Eigentumswohnungen einen erheblichen und positiven Einfluss auf die Ausweitung des Wohnraumangebotes haben kann. Denn am Immobilienmarkt lassen sich sogenannte Sickereffekte durch den Neubau freifinanzierter Wohnungen nachweisen, durch die auch Haushalte von Mieten unterhalb des Neubauniveaus profitieren. Als Impuls für den Wohnungsbau und zur Belebung von schwächelnden Vierteln in der Innenstadt eigne sich zudem die konsequente Erhöhung des Wohnanteils in Mischgebieten für Wohnen und Gewerbe. Unter Beachtung der enormen Vorlaufzeiten muss jedoch, um langfristig ausreichend Wohnraum zu sichern, mit der Entwicklung vorhandener Wohnbaupotenziale schon heute begonnen werden.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wichtige Faktoren für das künftige Wachstum der Stadt Stuttgart nicht nur die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt und der Region, sondern auch das Wohnungsangebot und die Wohnkosten sind. Fest steht zudem, dass mit Blick auf das vorhandene Wohnungsbaupotenzial der Stadt Stuttgart vor allem kurz- bis mittelfristig Wohnraum fehlen wird. Um bezahlbaren Wohnraum langfristig zu schaffen, muss wegen der langen Plan- und Vorlaufzeiten schon heute mit der Entwicklung vorhandener Wohnbaupotenziale begonnen werden

Übrigens: Für Interessierte steht die gesamte Wohnungsbedarfsanalyse Stuttgart 2030 unter www.stuttgart.de zum kostenlosen Download bereit. Zum Preis von 11 Euro zuzüglich 1,60 Euro Versand kann sie aber auch beim Statistischen Amt Stuttgart in Papierform erworben werden. 

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