Sanierungspflicht und Gebäudeenergiegesetz: Wie Immobilien klimafreundlich werden sollen

Sanierungspflicht und Gebäudeenergiegesetz: Wie Immobilien klimafreundlich werden sollen

Bauen und Wohnen verursachen mehr Schmutz, als es die meisten von uns ahnen. Im Kampf gegen den Klimawandel will die EU-Kommission deswegen eine Sanierungspflicht beschließen und in diesem Rahmen Haus- und Wohnungseigentümer dazu verpflichten, besonders energieineffiziente Gebäude zu renovieren. Der Vorschlag sorgt allerdings für Aufsehen. Doch wie sonst, wenn nicht von höchster Stelle, kann der Immobiliensektor klimafreundlicher werden? Der deutsche Gesetzgeber hat jedenfalls schon 2020 festgelegt, welche energetischen Anforderungen beheizte und klimatisierte Gebäude in unserem Land erfüllen müssen.

Die Pläne der EU-Kommission

Die EU-Kommission hat die Vision, dass bis zum Jahre 2050 sämtliche Gebäude in der EU klimaneutral sein sollen. Nach ihrer Vorstellung sollen alle öffentlichen Gebäude bis 2027 renoviert sein, bis 2030 alle von Privatpersonen bewohnten Häuser und Wohnungen. Ab 2030 sollen nur noch emissionsfreie Häuser gebaut werden dürfen, die ohne fossile Brennstoffe beheizbar sind.

Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch: Renoviert werden sollen alle Gebäude, deren Energieeffizienz zur schlechtesten Kategorie gehören, nämlich zur Klasse G. Diese sollen zunächst mindestens Klasse F erreichen. Die Rede ist damit von circa 35 Millionen Immobilien in der EU beziehungsweise 15 Prozent des gesamten Wohnungsbestandes. Zusätzlich soll das System von Energieeffizienz-Kategorien europaweit vereinheitlicht werden. In Deutschland beispielsweise reicht die Skala momentan von A+ bis H, in anderen EU-Ländern geht sie bis zur Kategorie G. Hausbesitzer sollen darüber hinaus in Zukunft einen „Renovierungspass“ erhalten, der „Eigentümern ein Instrument zur Erleichterung ihrer Planungen und einer schrittweisen Renovierung hin zu einem emissionsfreien Niveau an die Hand gibt“, heißt es aus Kreisen der Kommission.

Was würde eine Sanierungspflicht für Mieter bedeuten?

Die erste Konsequenz für Mieter, die derzeit in Wohnungen leben, die den neuen Mindeststandards nicht entsprechen, ist naheliegend: Sie müssen sich in den kommenden Jahren auf bauliche Umstrukturierungen einstellen. Generell würden Mieter von den Reformen jedoch profitieren, so die EU-Kommission, da die Energiekosten mit einer höheren Effizienz tendenziell sinken.

Weil vielen Vermieter:innen durch die Sanierung jedoch nicht unerhebliche Kosten entstehen, die sie auf ihre Mieter:innen umlegen werden, ist von Mieterseite aber auch zu befürchten, dass Sanierungen automatisch auch Mieterhöhungen mit sich bringen. Daher fordert vor allem der Deutsche Mieterbund (DMB) vehement, dass die Mietpreisbremse jetzt konsequent angewandt werden müsse.

Was würde eine Sanierungspflicht für Vermieter und Immobilieneigentümer bedeuten?

Wird die Sanierungspflicht tatsächlich durchgesetzt, müssen alle Wohnungs- und Hausbesitzer ihre Immobilie, die in die EU-Energieeffizienzklasse G fällt, bis 2030 saniert haben. Wie viele Immobilienbesitzer in Deutschland von einer eventuellen Sanierungspflicht betroffen sein würden, ist heute noch unklar. Laut EU-Klimaschutzkommissar Frans Timmermans werde die Sanierungspflicht aber niemanden enteignen, der sein Haus nicht saniere. Die EU-Staaten hätten schließlich die Verantwortung, die mit der Sanierungspflicht eingehenden Sanierungen finanziell zu unterstützen, und wollen zahlreiche Fördermittel zur Verfügung stellen.

Der Eigentümerverband Haus und Grund warnt jedoch, dass die EU-Richtlinie „für 40 Millionen Gebäude europaweit das Aus“ bedeuten könnte. „Für viele Gebäude der Energieklassen F und G wird eine Sanierung keine Option sein“, sagte Verbandspräsident Kai Warnecke, weil sie sich wirtschaftlich einfach nicht lohnen würde.

Die Denkfabrik Agora Energiewende begrüßt dagegen die EU-Initiative zu einer Sanierungspflicht und forderte kürzlich in einem Tweet: Man müsse die Gebäudestandards für Neubau und Renovierung auf das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 ausrichten. Die vorgeschlagenen Mindestwerte für die Energieeffizienz von Gebäuden seien dabei von entscheidender Bedeutung.

„Bauen ist der graue Elefant in der Klimawende“

Doch was würde eine Sanierungspflicht dem Klima tatsächlich bringen? Fakt ist: Der Gebäudesektor ist einer der klimaschädlichsten Wirtschaftsbereiche. Rund 30 Prozent der Treibhausgas-Emissionen werden hier verbraucht, der Gebäudesektor ist aktuell verantwortlich für ungefähr 120 Millionen Tonnen des Treibhausgases CO2 pro Jahr, weil die meisten Gebäude in der EU nach wie vor überwiegend mit fossilen Brennstoffen beheizt werden.

Auch die Bundesbauministerin der neuen Bundesregierung, Klara Geywitz (SPD), wies erst neulich in einer Fernsehsendung auf die allgemeine Bedeutung des Bausektors für den Klimaschutz hin. „Bauen ist der graue Elefant in der Klimawende“, sagte sie. Es gebe dort zwar ein riesiges Einsparpotenzial auf energetischer Ebene, aber es bewege sich noch viel zu wenig. Ihr sei bewusst, dass die Bauindustrie mit Sorge auf die höheren Klimaschutzstandards blicke. „Wir müssen diesen Prozess aber auch als Chance begreifen“, sagte die SPD-Politikerin. Es könne eine Möglichkeit sein, „die eh schon sehr hohe Qualität der deutschen Bauindustrie nochmal um eine sehr fortschrittliche, innovative Komponente zu ergänzen, die dann auch unglaublich exportfähig ist“.

Dekarbonisierung: Maßnahmen bis 2050

Hinsichtlich der Ziele der „Pariser Klimakonferenz“ (COP 21), die im Jahr 2015 abgehalten wurde, nach denen Europa spätestens 2050 ein klimaneutraler Kontinent sein soll, fällt aber auch immer wieder der Begriff der Dekarbonisierung. Dekarbonisierung funktioniert, indem die Nutzung kohlenstoffarmer Energie stärker in den Vordergrund gerückt und der Einsatz fossiler Brennstoffe entsprechend reduziert wird. Dazu gehört insbesondere die Nutzung erneuerbarer Energiequellen wie Windkraft, Sonnenenergie und Biomasse. Der Einsatz von kohlenstoffhaltiger Energie kann insbesondere durch den großflächigen Einsatz von Elektrofahrzeugen sowie durch den Einsatz „saubererer“ Technologien in mit Wasserstoff oder Brennstoffzellen angetriebenen Fahrzeugen reduziert werden. Eine abnehmende Kohlenstoffintensität im Energie- und Verkehrssektor wird es ermöglichen, die Netto-Null-Emissionsziele früher und im Einklang mit den politischen Zielen und Richtlinien zu erreichen.

Besonders in den drei Sektoren der Industrie, dem Verkehr und dem Gebäude-Sektor gibt es dabei enormes Einsparpotential. Für den Immobilienbereich, in dem besonders alte Bestandsbauten ein Problem für die Klimabilanz darstellen, hat der deutsche Gesetzgeber das sogenannte Gebäudeenergiegesetz (GEG) erlassen.

Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) – eine klimafreundliche Rechtsgrundlage für die Zukunft

Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) ist bereits am 1. November 2020 in Kraft getreten und hat die Energieeinsparverordnung (EnEV) sowie das Energieeinsparungsgesetz (EnEG) und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) abgelöst und deren Inhalte zu einer einheitlichen Vorschrift verbunden. So wie zuvor die Einzelgesetze legt nun das GEG fest, welche energetischen Anforderungen beheizte und klimatisierte Gebäude in Deutschland erfüllen müssen. Ganz konkret gesprochen macht das GEG zwingende Vorgaben zu Heizungs- und Klimatisierungstechnik, zu Wärmedämmung, zum Hitzeschutz sowie zu regenerativen Energien. Zuständig und verantwortlich für das Gesetz ist das Bundesministerium.

Welche Anforderungen stellt das GEG an Neubauten und Bestandsimmobilien?

Neubauten

Besonders beim Neubau von Immobilien ist es das Ziel, eine möglichst umweltfreundliche und ressourcenschonende Energiepolitik umzusetzen. Das bedeutet: Heizung, Lüftung, Warmwasseraufbereitung, Dämmung, Strom- und Energiebedarf sollen möglichst nachhaltig und CO2-neutral gestaltet werden. Dazu ist es erforderlich, vor Baubeginn Berechnungen anzustellen, wie hoch die benötigte Primärenergie sein wird. Alternativ dazu kann auch die Menge der zulässigen Treibhausgase errechnet werden, die der Neubau verursachen wird. Spätestens ein Jahr nach Baubeschluss sind Bauherren verpflichtet, der Behörde einen Bericht zu erstatten über Investitionsaufwand, tatsächlichen Energieverbrauch und Erfahrungen mit dem zugrundeliegenden Berechnungsverfahren.

Bestandsimmobilien

Bei Bestandsgebäuden unterscheidet das GEG zwischen sogenannten Austausch- und Nachrüstpflichten. So schreibt das Gebäudeenergiegesetz zum Beispiel vor, 30 Jahre alte sowie ältere Öl- und Gasheizkessel auszutauschen und neuverlegte Heizungs- und Warmwasserrohre in unbeheizten Wohn- und Nutzräumen zu dämmen.

Für die freiwillige Modernisierung sieht das GEG Mindeststandards vor, wie beispielsweise den Austausch von Fenstern. Unterschieden wird auch zwischen einzelnen Sanierungsmaßnahmen und einer umfassenden Modernisierung.

Das Gebäudeenergiegesetz (GEG)

Das Wichtigste in Kürze:

  • Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) bestimmt, welche energetischen Anforderungen beheizte und klimatisierte Gebäude in Deutschland erfüllen müssen.
  • Das Gesetz enthält Vorgaben zur Heizungs- und Klimatechnik sowie zum Wärmedämmstandard und Hitzeschutz von Gebäuden.
  • Die energetischen Mindestanforderungen an Neubauten sind etwas geringer als in der zuvor geltenden Energieeinsparverordnung (EnEV).
  • Eigentümer von Bestandsgebäuden müssen bestimmte Nachrüst- und Austauschpflichten erfüllen.
  • Beim Neubau gibt das GEG bestimmte Anteile an regenerativen Energien vor, die das Gebäude zum Heizen oder auch zum Kühlen verwenden muss.

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