Abschaffung der EEG-Umlage 2022: Was bedeutet das für private Haushalte?

Abschaffung der EEG-Umlage 2022: Was bedeutet das für private Haushalte?

Wer hätte das gedacht: Mitten in der Energiekrise gibt es auch die gute Nachricht, dass Strom seit dem 1.Juli 2022 günstiger ist, und zwar um 4,43 Cent brutto pro Kilowattstunde. Seit Juli wird keine EEG-Abgabe, die sogenannte ‚Ökostromumlage‘, mehr fällig. Diese Verbilligung müssen Versorger an ihre Endkundschaft weitergeben, denn in Zukunft sollen nicht mehr die Verbraucher, sondern der Staat Wind- und Solaranlagen fördern. Aber war die gesetzliche Umlage, die vor über 20 Jahren und mit dem Ziel beschlossen wurde, die Einführung von erneuerbaren Energien auf dem deutschen Strommarkt zu fördern, auch tatsächlich ein Erfolg? Und welche finanzielle Entlastung bedeutet ihre Abschaffung jetzt für private Haushalte?

Eine über zwanzigjährige Initiative

Rückblick: Im Jahr 2000 beglückwünschte man sich in gewissen Politikerkreisen zu einer Revolution. Der Grund dafür war, dass das Erneuerbare-Energien-Gesetz, kurz EEG, auf den Weg gebracht wurde. Maßgeblich gestaltet wurde es von einer „Viererbande" um die Abgeordneten Hermann Scheer von der SPD, die Staatssekretäre Michaele Hustedt und Rainer Baake von den Grünen sowie dem damaligen grünen Umweltministerium Jürgen Trittin. Von Anfang an im Gesetz enthalten war die EEG-Umlage zur Finanzierung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien - also zum Beispiel dem Strom, der aus Wind, Wasser, Sonne, Geothermie oder Biomasse produziert wird.

Die EEG-Umlage wurde umgangssprachlich auch ‚Ökostromumlage‘ genannt und verfolgte die Idee, dass Verbraucherinnen und Verbraucher pro Kilowattstunde etwas mehr für den Strom zahlen, damit der Staat mit diesen zusätzlichen Einnahmen den Ausbau von Wind- und Solaranlagen vorantreiben konnte. In der Praxis wurde diese Idee aber auch in Form der Maßnahme umgesetzt, dass den Betreibern von Anlagen erneuerbarer Energien der Strom, den sie in das öffentliche Verteilungsnetz einspeisten, zu einem staatlich garantierten Preis abgenommen wurde. Das war zuvor nicht der Fall.

Erfolge und Teuerungen

Der Erfolg dieser neuen, gesetzlichen Regelungen ließ auch nicht lange auf sich warten; Wind- und Sonnenenergie wurden in Deutschland schneller produziert als erhofft und die positiven Zahlen übertrafen selbst die kühnsten Erwartungen der damaligen rot-grünen Regierung. Das Modell wurde sogar in vielen anderen Ländern kopiert und als großes Etappenziel des globalen Klimaschutzes gefeiert. Doch bekanntlich hat jede Medaille auch eine Kehrseite: Für Verbraucherinnen und Verbraucher waren die gefeierten Erfolge der EEG-Umlage über Jahre hinweg ein nicht unwesentlicher Preistreiber. Und auch für viele Unternehmen mit hohem Stromverbrauch stellte sie eine große finanzielle Belastung dar.

Wann entfällt die EEG-Umlage 2022?

Grundsätzlich betrachtet gilt die beschlossene EEG-Umlage jedoch als ein Erfolg. Von der Energiewende können schließlich alle profitieren, sei es als Maßnahme gegen den Klimawandel, der Unabhängigkeit von Stromanbietern aus dem Ausland oder als Akteure in einem erfolgreichen Wirtschaftszweig. Kritisiert von Experten wurde aber zum Beispiel auch, dass der Staat nicht rechtzeitig auf den Boom der Erneuerbaren Energien und die damit einhergehenden Preissenkungen reagiert habe. Im Verhältnis zu dieser rasanten Entwicklung wären die Fördersätze vergleichsweise hoch geblieben, meinen Kritiker, während sich die Kassen der Erneuerbaren-Anlagenbetreiber immer mehr gefüllt hätten. Selbst einer der ‚Miterfinder‘ der EEG-Umlage, Grünen-Politiker Rainer Baake, sah diese Begebenheit als größten Fehler an. Zu lange habe die Politik die Höhe der Förderung festgesetzt, weswegen die Preise für die Energiewende zeitweise definitiv und unnötig zu hoch gewesen seien, so Baake. In den Jahren 2009 und 2010 sei etwa für Solarenergie „viel zu viel" bezahlt worden. Nicht überraschend schrieb er die Versäumnisse dabei vor allem den unionsgeführten Regierungen der 2000er-Jahre zu, denen er nicht mehr angehörte. Aber auch in anderen Kreisen wurde in den vergangenen Jahren die Feststellung immer lauter, dass die seit dem Jahr 2000 existierende EEG-Abgabe schon lange nicht mehr zeitgemäß und eine Anpassung an die aktuelle Marktentwicklungen längst überfällig sei. Zum besseren Verständnis: Die Höhe der EEG-Umlage wurde jedes Jahr im Oktober ermittelt. Grundlage der Ermittlung war die sogenannte Ausgleichsmechanismus-Verordnung. Danach wurde Ende September für das laufende Jahr eine Bilanz gezogen und ein Ausgleich zwischen den prognostizierten und den tatsächlich erzielten Preisen vorgenommen. Mit 3,723 Cent pro Kilowattstunde war die EEG-Umlage 2022 auf dem niedrigsten Stand seit zehn Jahren. Gründe dafür waren die gestiegenen Preise an den Strombörsen, die Bundesbezuschussung aus der CO2-Bepreisung sowie der Überschuss des EEG-Kontos aus dem vorangegangenen Jahr.

Was bedeutet es, dass die EEG-Umlage 2022 weggefallen ist?

Schließlich beschloss die neue Bundesregierung im Rahmen eines sehr umfangreichen Maßnahmenpakets, dem sogenannten ‚Osterpaket‘, dass die EEG-Umlage 2022 genau am 1. Juli auf null Cent fällt. Das bedeutet: Versorger müssen jetzt die Senkung an ihre Kundschaft weitergeben und dürfen den Arbeitspreis seit dem 1. Juli auch nicht anheben. Das schreibt das „Gesetz zur Absenkung der Kostenbelastung durch die EEG-Umlage und zur Weitergabe dieser Abgabe an die Letztverbraucher“ vor. Es wurde Ende April vom deutschen Bundestag beschlossen und ist seit Ende Mai in Kraft getreten. Künftig wird der Finanzierungsbedarf für die erneuerbaren Energien aus dem Sondervermögen des Bundes, dem „Energie- und Klimafonds“, ausgeglichen. Dieser Plan wird nach Angaben der Bundesregierung allerdings rund 6,6 Milliarden Euro kosten.

Wie hoch ist die Entlastung dank Abschaffung der EEG-Umlage?

Politiker bezeichnen den Wegfall der EEG-Umlage als eine der größten Strompreisentlastung der letzten Jahrzehnte. Für Endverbraucher stellt sich bei solchen Aussagen dann natürlich sofort die Frage: Was haben wir konkret davon, dass die EEG-Umlage seit dem 1. Juli nicht mehr zu zahlen ist? Wird sich der Wegfall der EEG-Umlage 2022 tatsächlich in einem niedrigeren Strompreis bemerkbar machen?

Fakt ist: Seit dem 1. Juli 2022 müssen Energieversorger den entsprechenden Betrag in Höhe von 4,43 Cent pro Kilowattstunde brutto bei den Strompreisen berücksichtigen und mit der Jahresrechnung an die Haushalte weitergeben. Nach einem simplen Rechenbeispiel könnte ein Drei-Personen-Haushalt mit einem jährlichen Stromverbrauch von 3.500 kWh jetzt monatlich 12,93 Euro sparen. Ein durchschnittlicher Single-Haushalt mit einem jährlichen Stromverbrauch von 1.500 Kilowattstunden würde etwa 66 Euro weniger pro Jahr zahlen. Aber: Die Preissenkung dürfte sich für Privatkunden – wenn überhaupt – erst auf der nächsten Jahresrechnung bemerkbar machen, denn die Energieversorger sind nicht dazu verpflichtet, den monatlichen Abschlag wegen der Senkung der EEG-Umlage direkt zu ändern. Die Abschläge bleiben also zunächst unverändert.

Nach Einschätzung von Experten sollen die Verbraucher in der Bundesrepublik durch die Abschaffung der EEG-Umlage aber um rund 5,1 Milliarden Euro entlastet werden. Branchenbeobachter warnen allerdings aufgrund der zuletzt stark angestiegenen Strompreise vor allzu großer Zuversicht. Dem Vergleichsportal Check24 zufolge sind zum Beispiel die Strompreise für eine Familie mit 5.000 kWh Stromverbrauch um durchschnittlich unglaubliche 471 Euro seit Oktober 2021 gestiegen. Wenig Hoffnung auf eine große finanzielle Entlastung macht zudem ein Blick in die Vergangenheit: Bereits die erste Senkung der EEG-Umlage zum Jahreswechsel 2021/2022 kam aufgrund der massiv gestiegenen Einkaufspreise der Versorger bei den Verbrauchern nicht an. Vielmehr sind seitdem die Preise im Stromgroßhandel nochmals kräftig und auf ein bislang noch nie dagewesenes Niveau angestiegen. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat die Situation auf dem Strommarkt zusätzlich verschärft. Aufgrund der derzeitigen Entwicklungen an den Energiemärkten sei die Absenkung der EEG-Umlage 2022 deswegen nicht mehr als „ein Tropfen auf den heißen Stein“, so kritische Stimmen. Stromkunden müssten sich darauf einstellen, dass die Kosten schon bald und spätestens zum Jahreswechsel hin weiter steigen werden.

EEG-Umlage 2022: Ist eine Zwischenablesung von Zählerständen jetzt sinnvoll?

Bei Haushalten mit Haushaltsstrom ist eine Zwischenablesung nicht erforderlich, denn der Stromverbrauch verteilt sich sehr gleichmäßig über das ganze Jahr. Ausreichend ist vielmehr eine Schätzung des Stromverbrauchs durch den Stromanbieter zur Jahresmitte. Allerdings sollten Endverbraucher, die mit Strom heizen, eine Wärmepumpe oder eine Nachtstromspeicherheizung haben, eine Zwischenablesung vornehmen. Dieser Stromverbrauch ist aufgrund der temporären Heizperiode über das Jahr hinweg nämlich ungleichmäßig verteilt und kann sich auch witterungsbedingt von Jahr zu Jahr anders beziffern. Es ist also ratsam, dass diese Haushalte schnellstmöglich ihren Zählerzwischenstand ablesen und den aktuellen Wert ihrem Stromanbieter mitteilen.

EEG-Umlage 2022: Welche Informationspflicht haben Energieversorger?

Stromanbieter sind durch den gesetzlichen Wegfall der EEG-Umlage und die neuen Preise nicht dazu verpflichtet, private Haushalte gesondert über diese Änderung zu informieren. Auch ein Sonderkündigungsrecht gibt es für beide Seiten nicht. Jedoch muss der Betrag, um den sich die Stromrechnung durch den Wegfall der EEG-Umlage nun mindert, in der Stromrechnung transparent ausgewiesen werden. Zudem müssen die neuen Preise bei der Grundversorgung auf der Internetseite des Anbieters veröffentlicht werden.

Es soll auch in Zukunft weiter gefördert werden

Trotz des Wegfalls der EEG-Umlage 2022 will die deutsche Regierung den Ausbau der Erneuerbaren Energie weiter fördern und immer schneller vorantreiben. Der Grünen-Politiker Rainer Baake prognostizierte in diesem Kontext jedoch, dass die finanziellen Belastungen für den Staat in Zukunft immer geringer werden würden und längerfristig „Richtung Null“ tendieren. Thorsten Lenck von der Agora Energiewende bezweifelt jedoch diese Prognose. Zwar ist er auch der Meinung, dass die staatliche Förderung langfristig deutlich abnehmen werde. Momentan fehle jedoch der Wettbewerb. Das bedeutet seiner Ansicht nach: Wenn nur wenige Betreiber von Wind- und Solaranlagen miteinander um neue Flächen konkurrieren, „dann hilft mir auch die Ausschreibung nicht, die Kosten zu drücken. Dann wetten alle Bieter in dieser Auktion auf die maximale Förderung.“

EEG-Umlage noch nicht endgültig gekippt

Ursprünglich sollte die EEG-Umlage 2022 für Stromverbraucher übrigens erst ab Januar 2023 entfallen. Aufgrund der derzeit so angespannten Lage mit dem Krieg in der Ukraine, der immer höher werdenden Inflationsrate und den enorm gestiegenen Energiekosten wurde das Gesetz allerdings zur Entlastung der deutschen Haushalte frühzeitig umgesetzt. Formal abgeschafft ist die EEG-Umlage damit allerdings noch nicht, ihre Herabsetzung auf null Euro ist vielmehr zunächst bis zum 31. Dezember 2022 befristet. Wie es mit der EEG-Umlage danach weitergeht, also ab dem Jahr 2023, muss politisch erst noch entschieden werden. Energieexperten gehen jedoch davon aus, dass die Ökostrom-Umlage mit großer Wahrscheinlichkeit über kurz oder lang endgültig abgeschafft werden wird.

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