Sofortfinanzierung mit Bausparvertrag – cleveres Finanzierungsmodell oder mehr Risiko als Nutzen?

Sofortfinanzierung mit Bausparvertrag – cleveres Finanzierungsmodell oder mehr Risiko als Nutzen?

Wer ein Immobilienprojekt mit sofortiger Wirkung angehen möchte, begibt sich in der Regel auf die Suche nach einer günstigen Baufinanzierung. Viele Menschen hoffen dabei auf schnelles Geld zu vermeintlich günstigen Konditionen. Eine bei Kreditinstituten beliebte Finanzierungsart, die einem Volltilgerdarlehen ähnelt, ist die Sofortfinanzierung mit einem Bausparvertrag. Jedoch ist ein solches Finanzmodell oft kompliziert und nicht für jeden geeignet. Wir zeigen auf, wie es funktioniert, was dabei schiefgehen kann und welche Aspekte Sie bei solch einem Finanzierungsmodell unbedingt beachten sollten.

Was ist eine Sofortfinanzierung mit einem Bausparvertrag?

Heutzutage werden Bausparverträge kaum noch im ursprünglichen Sinne genutzt; immer weniger Kunden nehmen erst nach der Zuteilung der Bausparsumme ein zinsgünstiges und marktzinsunabhängiges Bauspardarlehen in Anspruch. Vielmehr setzen immer mehr Bausparkassen auf sogenannte Bausparsofortfinanzierungen.

Auf den ersten Blick klingt das Finanzierungsmodell Sofortfinanzierung Bausparvertrag auch sehr vielversprechend, denn es lockt ein sofortiges Darlehen für ein Immobilienprojekt, und das auch noch zu niedrigen Zinsen. Auf den zweiten Blick wird jedoch deutlich, dass das Modell des klassischen Bausparens dabei komplett auf den Kopf gestellt wird: Anstatt zunächst ein Mindestguthaben anzusparen, um nach der Zuteilung ein Bauspardarlehen zu bekommen, funktioniert die Sofortfinanzierung folgendermaßen:

  1. In einem ersten Schritt schließen Sie einen Darlehensvertrag ab, ein so genanntes Vorausdarlehen, das mit dem aktuellen Marktsatz verzinst wird.
  2. Anstatt dieses Darlehen zu tilgen, zahlen Sie in einen Bausparvertrag ein.
  3. Erst wenn der Bausparvertrag zugeteilt wird, was in den meisten Praxisfällen viele Jahre später passiert, lösen Sie das Darlehen mit der Bausparsumme ab. Mit dem Guthaben aus dem klassischen Bausparvertrag wird ein Teil des Darlehens sofort getilgt, die noch ausstehende Summe wird über das Bauspardarlehen finanziert.

Warum eine Sofortfinanzierung problematisch sein kann

Bei einer Bausparsofortfinanzierungen schließen Sie also zwei Verträge gleichzeitig ab: einen Darlehens- und einen Bausparvertrag. Bei dem Kombikredit werden zwei unterschiedliche Verträge miteinander verknüpft, die aufeinander abgestimmt sind. So lautet zumindest die offizielle Version auf dem Papier. In der Praxis läuft es allerdings meist komplizierter, als es sich in der Theorie anhört.

Dabei sorgen folgende Probleme oft für Ärger:

Problem Nummer 1: Die Zuteilung der Bausparsumme lässt auf sich warten

Das Businessmodell einer Bausparkasse besteht grob gesprochen darin, dass neue Bausparer regelmäßig den Topf mit Geld befüllen, aus dem die Bausparsummen an die Bestandskunden ausgezahlt werden. Das bedeutet, dass unter Umständen auf Auszahlungen gewartet werden muss, wenn sich nicht genug Geld in diesem Topf befindet. Solche Eventualitäten sind von Seiten der Bausparkassen auch völlig legitim, da diese den genauen Zuteilungstermin der Bausparsumme bei Vertragsabschluss ihren Kunden in der Regel nicht verbindlich zusagen müssen. Ist der Bausparer seinerseits jedoch an finanzielle Termingeschäfte gebunden, benötigt er eine Zwischenfinanzierung, deren Zinskonditionen im Vorfeld nicht fest kalkulierbar sind. Auch wenn der ursprüngliche Kredit bis zur Zuteilung weiterläuft, muss der Bausparer länger als geplant die Zinsen für diesen zahlen.

Unser Tipp: Es gibt auch Bauspartarife, die die Zinsen des endfälligen Darlehens bis zur Zuteilung des Bausparvertrags festschreiben. In einem solchen Fall stehen die Zinsen für die gesamte Laufzeit fest. Gehen Sie auf Nummer sicher und fragen Sie am besten bei Ihrer Bausparkasse nach, ob Ihnen diese Variante angeboten wurde.

Problem Nummer 2: Bausparsumme und Vorausdarlehen passen nicht zusammen

Theoretisch oder besser gesagt im Idealfall lösen bei einer Sofortfinanzierung das Bausparguthaben und das Bauspardarlehen das Vorausdarlehen lückenlos ab. Diese Rechnung geht aber nur dann auf, wenn die Bausparsumme exakt der Darlehenssumme des Vorausdarlehens entspricht. Vor diesem Hintergrund sollten Sie deshalb im Vorfeld Folgendes bedenken: Ist es realistisch, dass Sie bis zum Ablauf des Vorausdarlehens 40 % der gesamten Bausparsumme angespart haben? Denn: Nur unter dieser Voraussetzung erreicht ein Bausparvertrag seine Zuteilungsreife. Ist dies nicht der Fall, können Sie diese Finanzierungslücke mit einer Anschlussfinanzierung decken. Allerdings sind auch hier die Zinskonditionen im Vorfeld nicht bekannt und die ursprünglich angepeilte „Zinssicherheit über die gesamte Laufzeit“ ist nicht mehr haltbar.

Problem Nummer 3: Eine doppelte Monatsrate

Wenn Sie sich für das Modell „Sofortfinanzierung Bausparvertrag“ entscheiden, müssen Sie zwei monatliche Raten für zwei Kredite tilgen. Klären Sie deshalb im Vorfeld durch einen persönlichen Kassensturz, aber natürlich auch mit Ihrer Bank ab, ob die Summe aus der regulären Sparrate und den Zinsen für das Vorausdarlehen auch tatsächlich dem Betrag entspricht, den Sie sich jeden Monat leisten können. Beachten Sie außerdem, dass die monatlichen Raten bei Sofortfinanzierungen nicht immer konstant sind. Fragen Sie am besten nach einem Zahlungsplan für den gesamten Zeitraum beider Kredite, um böse Überraschungen zu vermeiden.

Wenn es anders kommt als geplant

Nichts im Leben kann einen vor plötzlich eintretenden, persönlichen Schicksalsschlägen oder fremdverschuldeten Finanzkrisen schützen. Niemand kann voraussagen, wie sich das Leben und das Zinsniveau im Laufe der Zeit verändern wird. Wegen des derzeitigen Nullzinses ist jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass die Zinsen in Zukunft anziehen werden. Deshalb ist es in jedem Fall ratsam, sich schon vor Abschluss des Vertrages so gut wie möglich zu informieren. Klären Sie zum Beispiel mit Ihrem Bankberater, ob Sondertilgungen oder das Aussetzen von Raten bei einem eventuellen finanziellen Engpass möglich wären. Wegen der momentan so niedrigen Zinsen sollten Sie bei einer Sofortfinanzierung auch eine Zinsbindung bis zur Zuteilung festlegen. Bei solch einer Vereinbarung bleibt der Zins bis zur Zuteilung fix - auch dann, wenn der Marktzins wieder ansteigt. Liegt eine solche Vereinbarung dagegen nicht vor und das Zinsniveau zieht an, steigt auch ihre monatliche Belastung.

Wie teuer ist der Ausstieg aus der Bauspar-Finanzierung?

Wenn die Sofortfinanzierung aufgrund bestimmter Lebensumstände wie einer Scheidung, dem Verlust des Arbeitsplatzes oder einem beruflich bedingtem Umzug definitiv nicht mehr tragbar oder sinnvoll ist, besteht prinzipiell die Möglichkeit, sie vorzeitig zu beenden. Solange das Vorausdarlehen läuft, ist der Ausstieg aus der Bauspar-Sofortfinanzierung allerdings recht kostspielig: Die Bausparkasse verlangt bei einer Kündigung des Vorausdarlehens eine Entschädigung für die entgangenen Zinsen, die sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung. Diese ist höher beziffert als eine Entschädigung, die bei der Kündigung einer Finanzierung mit festen Monatsraten berechnet wird. Das ergibt sich aus zwei Besonderheiten: Einerseits sinkt der Zinsanteil der monatlichen Rate nicht, weil der Kunde das Vorausdarlehen nicht laufend tilgt. Andererseits kann der Kunde auch keine Sondertilgungen leisten. Bei dem Ausstieg aus einer Sofortfinanzierung muss also mit höheren Kosten gerechnet werden, als sie bei einem Bankdarlehen entstehen. Wird die Kündigung dagegen ausgesprochen, wenn der Bausparvertrag schon zugeteilt ist, ist ein Abbruch der Finanzierung günstiger als bei der Bank, denn Bauspardarlehen können ohne Vorfälligkeitsentschädigung jederzeit zurückgezahlt werden.

Fazit

Ist der Kombikredit Sofortfinanzierung mit Bausparvertrag nun ein cleveres Finanzierungsmodell oder mehr Risiko als Nutzen? Generell lässt sich feststellen, dass eine Sofort- oder Vorfinanzierung komplexer und unübersichtlicher als ein klassischer Bankkredit ist. Es ist deshalb ratsam, sich noch vor Abschluss vom Bausparkassenvertreter den Ablauf, die Zinssätze und die Kosten genau erklären zu lassen.

Die Vorteile einer Sofortfinanzierung sind sicherlich gleichbleibende monatliche Raten und absolute Zinssicherheit. Der Nachteil besteht jedoch darin, dass den niedrigeren Monatsraten höhere Zinsbeträge gegenüberstehen, die an das Kreditinstitut zu zahlen sind. Tatsächliche Zinskosten durch die Kreditkombination sind nur schwer zu ermitteln.

Unser Rat: Eine Sofortfinanzierung kann für denjenigen sinnvoll sein, der über möglichst lange Zeit feste Zinsen haben möchte. Niedrige Zinsen können Sie sich allerdings auch durch ein klassisches Bankdarlehen (Annuitätendarlehen) sichern. Annuitätendarlehen sind die einfachste Form des Kredits: Vereinbart wird ein fixer Zins, der vom ersten Monat an abgezahlt wird. Viele Darlehensgeber bieten dafür einen Zeitraum von 15, 20 Jahren oder länger an. Lassen Sie sich am besten unabhängig beraten, welche Finanzierungsform für Ihr Immobilienprojekt am besten passt.

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