Gaspreisbremse, Gasumlage, Einmalzahlung - was kommt jetzt auf uns zu?

Gaspreisbremse, Gasumlage, Einmalzahlung - was kommt jetzt auf uns zu?

Weil der russische Präsident Wladimir Putin immer weniger Erdgas nach Deutschland liefert, droht Brennstoff in unserem Land knapp zu werden und wird dementsprechend immer teurer. Viele Verbraucher haben von ihren Versorgern oder von ihren Vermietern schon neue und empfindlich höhere Energiepreise mitgeteilt bekommen. Aber auch die nationalen Gasversorger haben durch den aktuellen Gaskrieg immense Mehrkosten zu stemmen und bereits jetzt schon riesige Verluste eingefahren, die sie nicht an ihre Kunden weitergeben können. Um Insolvenz und Pleiten der lokalen Gasversorger zu vermeiden, hatte die aktuelle Bundesregierung beschlossen, diese Mehrkosten ab Oktober in Form einer staatlichen und zeitlich begrenzten Gasumlage auf alle Gaskunden in Deutschland umzulegen. Am 29. September hat die Bundesregierung die Gasumlage allerdings wieder offiziell zurückgenommen, sie wird also NICHT seit Oktober auf die Gaspreise aufgeschlagen und dementsprechend auch nicht die Gaspreise der Verbraucherinnen und Verbraucher zusätzlich in die Höhe treiben. Stattdessen will die Bundesregierung die steigenden Energiekosten in Deutschland nun mit einer sogenannten Gaspreisbremse dämpfen. Dafür will die Regierung insgesamt circa 200 Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Wir geben einen Überblick über das politische Wirrwarr und die finanziellen Entlastungen, mit denen Gaskundinnen und Gaskunden ab Dezember dieses Jahres rechnen können.

Vorausschauende Schutzmaßnahme

Ursprünglich hatte die Bundesregierung beschlossen, dass deutsche Bürgerinnen und Bürger von Oktober 2022 bis voraussichtlich April 2024 eine sogenannte Gasumlage in Höhe von 2,419 Cent auf jede verbrauchte Kilowattstunde bezahlen sollen. Diese sollte jeder zahlen, der mit Gas heizt. Da Erhebungen zufolge jede zweite Immobilie im Land mit Gas geheizt wird, hätte diese gesetzliche Regelung Millionen von Menschen in unserem Land getroffen. Eine solche, staatlich angeordnete Gasumlage war in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland etwas völlig Neues. Viele Verbraucher assoziierten diese staatliche Neuerung mit zusätzlichen Kosten, die auf sie zukommen und stellten ihre Notwendigkeit in Frage.

Doch von Seiten der Wirtschaft und der Industrie war die sogenannte Gasumlage durchaus nachvollziehbar. Denn den Versorgern in Deutschland wird bekanntlich seit einiger Zeit viel weniger Gas aus Russland geliefert, als sie bestellt hatten und wie es vor dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine vereinbart wurde. Schon im August 2022 kamen zum Beispiel nur noch etwa 24 Prozent der herkömmlichen Menge an Erdgas aus Russland in Deutschland an. Um wiederum den Endverbrauchern das vereinbarte Gas trotzdem liefern zu können, müssen die Versorger es bei anderen Anbietern einkaufen – bei denen es jedoch teilweise bis zu zehnmal so teuer ist.

Die in diesem Kontext beschlossene Gasumlage kommentierte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) damals mit folgenden Worten: „Die Umlage ist eine Folge von Putins völkerrechtswidrigem Angriffskrieg auf die Ukraine und die von russischer Seite verursachte künstliche Energieknappheit. Sie ist bei weitem kein einfacher Schritt, aber notwendig, um die Wärme- und Energieversorgung in den privaten Haushalten und der Wirtschaft aufrechtzuerhalten. Sonst wäre die Versorgungssicherheit gefährdet.“ Zudem erlaube die beschlossene Gasumlage eine faire Verteilung der Lasten auf viele Schultern, nämlich sowohl auf Unternehmen als auch auf private Haushalte. Aber auch die Importeure würden ihren Beitrag leisten: Sie hätten mit Fälligkeit der Gasumlage nur 90 Prozent ihrer Kosten aus der Ersatzbeschaffung wegen ausgefallener russischer Gaslieferungen für die Umlage anmelden können. Bis zum Inkrafttreten der Gasumlage hätten sie ihre Verluste aus der Ersatzbeschaffung zu 100 Prozent selbst tragen müssen.

Gescheiterte Pläne

Doch die geplante Gasumlage wurde nicht nur von Verbraucherverbänden, sondern auch in Regierungskreisen breit und heftig diskutiert. Wegen zahlreicher ungeklärter Fragen wurden die geplanten Abschlagszahlungen, die ursprünglich schon am 1.Oktober 2022 in Kraft treten sollten, zunächst verschoben. Als dann auch noch die weitgehendste Verstaatlichung von Deutschlands größten Gasimporteur Uniper auf heftige Kritik stoß, wurde die Gasumlage schließlich und auf den letzten Metern gestoppt. Stattdessen beschloss die Bundesregierung einen anderen „Abwehrschirm“ gegen die hohen Kosten der Energiekrise: In Form der sogenannten Gaspreisbremse können sich private Haushalte in Deutschland bald über eine fixe Preisbremse für Strom und Gas freuen, während die schwächelnden Gasimporteure durch maßgeschneiderte Hilfspakete unterstützt werden sollen.

Die Vorschläge der Expertenkommission

Konkret hatte eine von der Ampel-Regierung beauftragte Expertenkommission vorgeschlagen, ab März 2023 und für mindestens 14 Monate einen Gaspreisdeckel einführen, um die hohen Energiepreise abzufedern. Zur Überbrückung wurde eine Einmalzahlung, die sogenannte Soforthilfe, für Gaskunden vorgeschlagen. Der Gesetzentwurf für diese wurde am 2. November im Bundeskabinett verabschiedet. An diesem Tag übernahm die Regierung aber auch im Kern die anderen Vorschläge, welche die Gaskommission mit ihren 21 Mitgliedern präsentiert hatte. Insgesamt sollen für das staatliche Hilfspaket circa 200 Milliarden Euro über neue Kredite finanziert werden und zunächst in den Wirtschaftsstabilisierungsfonds fließen.

Wie funktioniert die beschlossene Einmalzahlung?

Die sogenannte „Soforthilfe“ besagt, dass für Verbraucher im Dezember dieses Jahres die Pflicht entfallen soll, die vertraglich vereinbarte Voraus- oder Abschlagszahlung zu leisten. Konkret sind die Letztverbrauchenden, also jene, die direkte Verträge mit den Versorgern haben, von der Dezember-Abschlagszahlung befreit. Die Höhe der Entlastung wird auf der Grundlage von einem Zwölftel des Jahresverbrauchs, den der Lieferant für die Entnahmestelle im September 2022 prognostiziert hatte, sowie des Gaspreises vom Dezember errechnet. Ein Rechenbeispiel: Eine Familie, die etwa 12.000 Kilowattstunden Erdgas pro Jahr verbraucht und durchschnittliche 21,4 Cent pro Kilowattstunde zahlt, wird mit 214 Euro unterstützt werden. Letztlich orientiert sich die Einmalzahlung aber am tatsächlichen Verbrauch der Gaskunden. Bei Fernwärme dagegen gilt eine vereinfachte Rechnung: Hier sollen der Betrag der Septemberrechnung und ein „pauschaler Anpassungsfaktor“ herangezogen werden, der die Preissteigerungen bis Dezember beinhaltet.

Die Versorgerbetriebe sollen dabei bis Mitte November die zu erstattende Abschlagssumme ermitteln, bis zum 21. November sollen auch auf den Internetseiten der Erdgaslieferanten die Details der Dezember-Soforthilfe veröffentlicht sein. Zum 1. Dezember sollen die Versorger dann vom Staat die Erstattung der Abschläge bekommen. Für diese einmalige Soforthilfe rechnet die Regierung ersten Schätzungen zufolge mit Kosten von voraussichtlich neun Milliarden Euro. Auf eine Besteuerung sei, unter anderem wegen des hohen Bürokratieaufwands, verzichtet worden.

Was bedeutet die Gaspreisbremse in Zahlen?

Ab spätestens Anfang März 2023 und bis mindestens Ende April 2024 soll dann die sogenannte Gaspreisbremse greifen. Diese sieht für eine Grundmenge an Gas, das heißt 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs, einen staatlich garantierten Bruttopreis von zwölf Cent pro Kilowattstunde vor. „Man bekommt quasi jeden Monat einen staatlichen Zuschuss auf die Abschlagszahlung. Der Verbraucher selbst muss nichts tun“, erklärt Veronika Grimm, Wirtschaftsweise und Vorsitzende der Expertenkommission, die Gaspreisbremse in einfachen Worten. Oberhalb des subventionierten Grundkontingents an Gas sollen dann die aktuellen Marktpreise gelten.

Anreize zum Gassparen

Ein simples Beispiel soll nun die Eigenschaften der zukünftigen Gaspreisbremse verdeutlichen: Zwei vierköpfige Familien leben beide in einer jeweils 120-Quadratmeter großen Wohnung mit Erdgasheizung. In der vergangenen Heizperiode haben beide Familien 15.000 Kilowattstunden Erdgas verbraucht und dafür sechs Cents pro Kilowattstunden, also insgesamt 900 Euro pro Jahr bezahlt. Familie 1 hat kurz vor Ausbruch des Krieges in der Ukraine einen langfristigen Vertrag mit einem zuverlässigen Energieversorger abgeschlossen und rechnet für die nächste Heizperiode mit einem durchschnittlichen Gaspreis von 15 Cents pro Kilowattstunde. Familie 2 wurde vom Gaslieferanten der Vertrag im Sommer gekündigt. Weil sie bisher nur einen Neuvertrag zu sehr ungünstigen Konditionen abschließen konnte, kalkuliert sie mit einem Gaspreis von 25 Cents pro Kilowattstunde für die kommende Heizperiode.

In Zukunft profitieren zwar beide Familien von der staatlichen Gaspreisbremse, doch für Familie 2 ist der Nutzen wesentlich größer. Denn Familie 1 würde ohne Gaspreisbremse bei unverändertem Verbrauch insgesamt 2.250 Euro für die kommende Heizperiode zahlen, muss mit der Gaspreisbremse aber „nur“ 1.890 Euro zahlen. Sie bekommt also einen staatlichen Zuschuss von 360 Euro.

Familie 2 würde ohne Gaspreisbremse bei unverändertem Verbrauch dagegen insgesamt 3.750 Euro für die kommende Heizperiode zahlen, mit in Kraft treten der Gaspreisbremse werden aber „nur“ 2.190 Euro fällig. Sie bekommt also einen staatlichen Zuschuss von 1560 Euro.

Wie gerecht ist der staatliche Zuschuss?

Die staatliche Finanzspritze ist demnach wesentlich bedeutender für Familie 2. Ist das nun gerecht? Jein, denn die Antwort hängt von vielen Faktoren und Überlegungen ab. Warum zum Beispiel hat der Gaslieferant von Familie 2 den günstigen Vertrag gekündigt? Sollte die erste Familie nicht dafür belohnt werden, dass sie zum richtigen Zeitpunkt einen langfristigen Vertrag mit attraktiven Konditionen abgeschlossen hat? Und ist es überhaupt und generell gerecht, dass eine alleinstehende Person mit einer 140 Quadratmeter großen Wohnung und ebenfalls einem Jahresverbrauch von 15.000 Kilowattstunden in fast gleicher Höhe vom Staat finanziell unterstützt wird wie eine vierköpfige Familie, die in einer 120-Quadratmeter-Wohnung lebt? Ob die geplante Finanzspritze nun gerecht oder ungerecht ist, kann wohl nie eindeutig beantwortet werden. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach jedenfalls in Bezug auf die nun auch offiziell beschlossene Gaspreisbremse von einer „großen Erleichterung“. Gezahlt werden müsse in Zukunft zwar immer noch mehr als das, was vor dem Ausbruch des Ukraine-Krieges gezahlt wurde, aber es sei „viel weniger“ als das, was manche Verbraucher angeboten bekommen hätten.

Die Gaspreisbremse in anderen Ländern

Im europäischen Vergleich ist Deutschland mit seiner Gaspreisbremse allerdings spät dran, denn insgesamt haben schon neun EU-Länder einen Preisdeckel für Strom und Gas eingeführt. Die jeweiligen Regierungen geben dafür Milliardensummen aus – auf höchst unterschiedliche Weise. Hier ein kleiner Überblick:

Frankreich

Unser Nachbarland Frankreich deckelte die hohen Gas-Preise bereits vor dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine. Das staatliche Hilfspaket wird die französische Regierung im Jahr 2022 rund 16 Milliarden Euro kosten. Konkret und im beachtlichen Rahmen macht sich der Gaspreisdeckel auf der Heizkosten-Rechnung bemerkbar: Nach einer Modellrechnung der Regierung erhöhen sich die Preise durchschnittlich nur um 20 bis 25 Euro pro Monat. Ohne staatlichen Eingriff wäre es bis zu zehnmal so viel.

Spanien und Portugal

Spanien setzt genauso wie Portugal auf eine Preis-Obergrenze für Gas zur Stromerzeugung. Dabei regulieren die Länder das Geschäft zwischen Energie-Erzeugern. Die Firmen dürfen einen festgelegten Maximal-Betrag nicht überschreiten. Durch diese Regelung sank der Gaspreis im Sommer 2022 in Spanien auf immerhin durchschnittlich 50 Euro pro Megawattstunde. Allerdings bürgt diese großzügige Finanzspritze auch einen ökologischen Nachteil. Denn während der Gas-Verbrauch in anderen Ländern Europas in den vergangenen sechs Monaten stark zurückging, stieg durch die billigen Preise die Strom-Produktion durch Gas in Spanien stark an.

Großbritannien

Großbritannien wiederum deckelt die Preise bei den Versorgern, die Gas und Strom an private Haushalte verkaufen. Wer als Händler die festgelegte Obergrenze überschreitet, muss eine empfindliche Strafe zahlen. Der Höchst-Betrag für einen Zwei- bis Drei-Personen-Haushalt im Vereinten Königsreich lag zuletzt bei umgerechnet 3967 Euro für Strom und Heizung.

Griechenland

Einen noch anderen Weg hat Griechenland eingeschlagen. Dort werden die Überschuss-Gewinne der Energie-Konzerne mit 90 Prozent besteuert. Damit führte das Land sozusagen eine Preis-Obergrenze durch die Hintertür ein; denn die dadurch generierten Einnahmen der überschüssigen Gewinne bekommen die Bürgerinnen und Bürger in Griechenland zurückerstattet. Die Rückzahlung beträgt bis zu 600 Euro pro Person.

Die Gaspreisbremse auf einen Blick

  • Die Preisbremse für Gas und Fernwärme wird in Deutschland spätestens bis zum 1. März 2023 eingeführt. Die Bundesregierung strebt derzeit jedoch an, dass die Gaspreisbremse möglichst schon ab dem 1. Januar greift. Die Gaspreisbremse gilt jedoch in jedem Fall bis mindestens April 2024 und muss nicht zurückgezahlt werden.
  • Wie von den 21 Experten der Gaskommission vorgeschlagen, wird der Gaspreis für Privatkunden auf 12 Cent pro Kilowattstunde für 80 Prozent des prognostizierten Jahresverbrauchs gedeckelt werden. Der Preis für Fernwärme wird bei 9,5 Cent pro Kilowattstunde „gebremst“.
  • Haushalte mit einem Jahreseinkommen von mehr als 75.000 Euro werden die staatliche Finanzspritze versteuern müssen.
  • Gas oder Fernwärme verbrauchende Haushalte müssen im Dezember keine Abschlagszahlung leisten oder werden über die nächste Abrechnung um diesen Betrag entlastet.
  • Bundeskanzler Olaf Scholz von der SPD sagte zur beschlossenen Gaspreisbremse, dass in Zukunft zwar immer noch mehr als das, was vor dem Ausbruch des Ukraine-Krieges gezahlt werden müsse, aber es sei „viel weniger“ als das, was Verbraucher ohne die staatliche Finanzspritze hätten stemmen müssen.

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