Raus aus der Darlehensfalle – wie kann ich als Eigentümer meinen Kredit kündigen?

Raus aus der Darlehensfalle – wie kann ich als Eigentümer meinen Kredit kündigen?

Hohe Zinsen, lange Laufzeit: Viele haben schon vor Jahren einen Kredit aufgenommen und ärgern sich heute über die schlechten Konditionen. Für so manche dieser Häuslebauer gibt es aber auch gute Nachrichten: Mit bestimmten Tricks können Sie Ihren alten Vertrag vorzeigt auflösen und damit viel Geld sparen.

Wir verraten Ihnen, wann und unter welchen Bedingungen sie einen Kredit kündigen können.

Das Sonderkündigungsrecht

Noch vor wenigen Jahren galten vier, fünf oder sogar sechs Prozent Zinsen für eine Baufinanzierung als äußerst günstig. Viele Menschen haben sich damals für langlaufende Verträge mit Zinsbindungen von 15 oder noch mehr Jahren entschieden – und jammern nun über die vergleichsweise teuren Konditionen, denn heutzutage zahlen Immobilienkäufer selten mehr als zwei Prozent Zinsen für ihren Baukredit. Dazu ist die vereinbarte Vertragslaufzeit einer Zinsbindung sowohl für den Kreditnehmer als auch den Kreditgeber grundsätzlich bindend. Allerdings gibt es von dieser Regel auch eine Ausnahme: Das Sonderkündigungsrecht, das gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) einen vorzeitigen Ausstieg aus einem laufenden Immobilienkredit ermöglicht. Konkret besagt es, dass Kreditnehmer nach einer Vertragslaufzeit von mindestens zehn Jahren ein Recht auf Kündigung ihres Darlehensvertrages haben. Dies gilt unabhängig davon, wie lange Ihre Kreditbindung eigentlich noch laufen würde. Mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten und in schriftlicher Form muss die Kündigung beim Kreditgeber eingereicht werden, der gegenüber dem Kreditnehmer übrigens kein Recht auf solch eine Sonderkündigung hat.

Macht ein Kreditnehmer von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch, muss er dem Kreditgeber die Restschuld innerhalb von zwei Wochen zurückzahlen.

Die nächste gute Nachricht lautet: Die Bank darf bei solch einer Sonderkündigung keine Vorfälligkeitsentschädigung berechnen. Das bedeutet, Sie können ohne weitere Kosten aus Ihrem alten Kreditvertrag aussteigen. Die Restschuld wiederum können Sie mithilfe eines neuen Kredits mit viel niedrigeren Zinsen begleichen. Darlehensnehmer, deren Darlehen schon annähernd zehn Jahre laufen, sollten sich deshalb so früh wie möglich eine günstige Möglichkeit der Anschlussfinanzierung suchen, denn in der Regel lässt sich durch diese gesetzliche Regelung eine Menge Geld sparen; eine Umschuldung Ihrer Baufinanzierung lohnt sich bereits, wenn der angebotene Zinssatz nur 0,2 Prozent unter Ihrem aktuellen Vertragszins liegt.

Unsere Extra-Tipps zum Sonderkündigungsrecht:
Erfüllen Sie die Voraussetzungen, die für eine vorzeitige Kündigung Ihres Darlehensvertrages nach zehn Jahren Laufzeit notwendig sind, darf Ihnen die Bank eine Kündigung nicht verweigern. Vielmehr haben Sie auf dieses gesetzlich geregelte Sonderkündigungsrecht sogar einen rechtlichen Anspruch.

Besonders beachten sollten Sie jedoch folgende Punkte:

  • Es gibt keine Frist, zu der das Sonderkündigungsrecht abläuft. Das bedeutet: Sie können nach Ablauf der zehn Jahre jeden Tag kündigen, also zum Beispiel auch nach 13 Jahren und vier Monaten.
  • Die Kündigungsfrist gilt immer auf den Tag genau sechs Monate. Kündigen Sie zum Beispiel am 03.02.2020, endet sie am 03.08.2020.
  • Sie müssen nicht das ganze Baudarlehen kündigen, sondern können es auch nur teilweise ablösen. Wenn Ihre Baufinanzierung dagegen aus mehreren Darlehen besteht, müssen Sie für alle Darlehen eigene Kündigungen verfassen.
  • Eine Sonderkündigung nach § 489 BGB gilt ausschließlich für Darlehensnehmer. Banken, also die Darlehensgeber, dürfen ihrerseits die Baufinanzierung nicht einfach so kündigen.

Alternatives Kündigungsrecht bei Verkauf der Immobilie

Das gesetzlich geregelte Sonderkündigungsrecht ist aber nicht die einzige Möglichkeit, einen laufenden Kredit vorzeitig zu kündigen; eine Kündigung kann auch dann erfolgen, wenn eine kreditbelastete Immobilie verkauft werden muss, zum Beispiel wegen einer Scheidung.

In solchen Fällen verlangen Banken jedoch, anders als bei der gesetzlich geregelten Sonderkündigung, eine sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung für den ihr entgangenen Gewinn, also eine Art Schadensersatz für den Zinsschaden, den der Kreditgeber durch die vorzeitige Kündigung des Kreditnehmers erlitten hat. Die Höhe der fälligen Vorfälligkeitsentschädigung wird anhand mehrerer Faktoren berechnet: Als Basis dient die Summe der Zinszahlungen, die dem Darlehensgeber durch die vorzeitige Kreditkündigung entgehen. In diesem Rahmen dürfen aber nur die entgangenen Zinsen bis zum Ablauf einer Laufzeit von zehn Jahren und sechs Monaten berechnet werden, denn dann könnte der Vertrag ja durch das gesetzlich geregelte Sonderkündigungsrecht beendet werden.

Im nächsten Schritt muss der Darlehensgeber seine eigenen Vorteile durch die vorzeitige Kreditkündigung gegen rechnen und von der obigen Basissumme folgende Posten abziehen:

  • Den möglichen Zinsgewinn durch Wiederanlage des Rückzahlungsbetrags:
    Das vorzeitig zurückgezahlte Geld könnte der Darlehensgeber wieder in Hypothekenpfandbriefe anlegen, sodass der Zinsschaden geringer ausfällt. Für den Darlehensnehmer bedeutet das: Je höher die Zinsen der Pfandbriefe sind, umso mehr muss die Bank von ihrem eigenen Zinsschaden abziehen– und umso niedriger fällt die Vorfälligkeitsentschädigung aus.
  • Ein vereinbartes Sondertilgungsrecht:
    Der Darlehensgeber muss die Vorfälligkeitsentschädigung so berechnen, als ob der Kreditnehmer in der verbleibenden Kreditlaufzeit alle Sondertilgungsmöglichkeiten voll ausgenutzt hätte. Das senkt die Höhe der Entschädigungszahlung.
  • Die ersparten Verwaltungskosten:
    In den meisten Fällen handelt es sich bei diesem Posten um festgesetzte, jährlich fällig werdende Beiträge. In der Regel bewegen sich diese um die 100 bis 150 Euro pro Jahr.
  • Die Kosten des weggefallenen Darlehensrisikos:
    Für diese Berechnung gibt es keine einheitlichen Vorgaben, die grobe Bandbreite liegt zwischen 0,01 und 0,1 Prozent des Darlehensbetrags pro Jahr.
  • Oft verlangen die Banken für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung eine Bearbeitungsgebühr im unteren dreistelligen Bereich.

Gut zu wissen: Der Stichtag für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung ist nicht der Zeitpunkt der Kündigung, sondern vielmehr der Tag, an dem die Bank den Kredit tatsächlich zurückerhält und somit auch die Möglichkeit hätte, das Geld wieder neu anzulegen.

Unser Extra-Tipp zur Anschlussfinanzierung

Unabhängig davon, ob ein Darlehensnehmer sein Sonderkündigungsrecht in Anspruch nimmt oder seinen Kredit aus anderen Gründen vorzeitig kündigt: Wer seinen Kredit kündigen will, muss sich rechtzeitig um eine gute Anschlussfinanzierung kümmern, um seinen ursprünglichen Kredit zu tilgen.

Wird dafür ein neues Darlehen bei einer anderen Bank aufgenommen, muss unter Umständen erneut für Notar und den Grundbucheintrag gezahlt werden, denn jede neue Kreditbelastung einer Immobilie muss in das Grundbuch eingetragen werden. Die Kosten dafür variieren je nach Höhe der alten und der neuen Grundschuld, betragen aber ungefähr ein Prozent der größeren Summe.

Anstatt die bisherige Grundschuld zu löschen und zugunsten der neuen Bank eine neue einzutragen, kann die Grundschuld aber auch von der alten an die neue Bank abgetreten werden. Diese Variante ist wesentlich günstiger. Allerdings muss sich dazu die alte Bank bereit erklären, eine Abtretungsurkunde auszustellen.

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