Wenn Sie Vermieter oder Mieter sind, betrifft auch Sie dieses Thema mit großer Wahrscheinlichkeit: Im Juli 2022 trat in Deutschland die Mietspiegelreform in Kraft. Welche gesetzlichen Änderungen die Reform mit sich bringt und welche unmittelbaren Folgen und Pflichten diese für Mieter und Vermieter hat, haben wir für Sie zusammengefasst und geben zudem einen Überblick über den aktuellen Mietspiegel in Stuttgart, der seit dem 1. Januar 2023 gilt.
Um Mietpreise sinnvoll vergleichen zu können, werden Wohnobjekte nach ihrer Art, ihrer Größe, ihrer Ausstattung, ihrem Zustand und gemäß ihrer geografischen Lage bewertet. Aus den jeweiligen Ergebnissen wird dann der durchschnittliche Mietpreis des jeweiligen Objektes festgelegt. Ein Mietspiegel ist also eine Referenz, um die ortsübliche Vergleichsmiete zu ermitteln: Vermieter können sich an ihm orientieren, um die Miete für ihr Wohnungseigentum festzulegen, Mietern wiederum dient der Mietspiegel als Orientierung dafür, ob sie einen angemessenen Mietpreis für eine Wohnimmobilie zahlen. Der geltende Mietspiegel ist aber vor allem auch bei Mieterhöhungen in laufenden Mietverhältnissen von praktischer Bedeutung, und dieser Umstand war letztlich auch der Auslöser für die Reform des Mietspiegelrechts. Denn regelmäßig wurden Mietspiegel im Rahmen von gerichtlichen Verfahren infrage gestellt, wenn Mieter mit Mieterhöhungen seitens des Vermieters nicht einverstanden waren und dagegen klagten. Konkret angezweifelt wurde in solchen Fällen die angeblich ungenaue Abbildung des Wohnungsmarktes und die fehlende wissenschaftliche Grundlage, auf welcher der jeweilige Mietspiegel erstellt worden war. Nach Angaben des Deutschen Mieterbundes waren tatsächlich auch mehr als ein Drittel der angeprangerten Mieterhöhungen in der Vergangenheit unzulässig, fehlerhaft oder schlichtweg zu hoch – wohl aber auch deshalb und unter anderem, weil für viele private Vermieter die komplizierten, gesetzlichen Vorschriften für Mieterhöhungen einfach zu undurchsichtig waren. Der deutsche Gesetzgeber sah auf jeden Fall Handlungsbedarf, dieses immer wieder aufpoppende Streitpotenzial zu entschärfen. Deshalb entwarfen Justiz- und Innenministerium einen Gesetzentwurf zu einer Reform des Mietspiegelrechts, die schließlich am 1. Juli 2022 in Kraft getreten ist und nun eine rechtssichere und wissenschaftlich fundiertere Wiedergabe der ortsüblichen Vergleichsmieten gewährleisten soll.
Was gilt und änderte sich also durch die Reform des Mietspiegelgesetzes? Zunächst lässt sich feststellen, dass das überarbeitete Gesetz unter anderem einheitliche Vorgaben für die Erstellung sogenannter qualifizierter Mietspiegel enthält. Diese basieren, im Unterschied zu den sogenannten einfachen Mietspiegeln, auf anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen und einer rechtlichen Grundlage. Ein qualifizierter Mietspiegel wird alle zwei Jahre der aktuellen Marktentwicklung angepasst, alle vier Jahre wird er komplett neu erstellt. Der sogenannte einfache Mietspiegel bietet dagegen eine „simple“ Übersicht über die ortsüblichen Vergleichsmieten und ist auch nach der Reform weiterhin anerkannt. Das hat vor allem finanzielle Vorteile für kleinere Kommunen mit begrenztem Budget, weil die Erstellung eines einfachen Mietspiegels wesentlich kostengünstiger als die eines qualifizierten Mietspiegels ist. Ob das Modell des einfachen Mietspiegels allerdings bei einer angeklagten Mieterhöhung herangezogen werden kann, bleibt weiterhin im Ermessensspielraum des Richters, weil einfache Mietspiegel in ihrer Verbindlichkeit begrenzt sind. Grundsätzlich gesprochen bringt die Mietspiegelreform aber nicht nur für Mietende und Vermietende, sondern auch für viele deutsche Städte einige neue Pflichten mit sich.
Was besonders wichtig ist und worauf Sie besonders achten sollten, haben wir für Sie im Folgenden zusammengefasst.
Seit dem Inkrafttreten der Reform des Mietspiegelrechts, also seit Juli letzten Jahres, müssen nun auch Städte in Deutschland, in denen mehr als 50.000 Einwohner leben, einen Mietspiegel erstellen. Zeit für die Erstellung eines einfachen Mietspiegels hatten sie dafür bis Januar 2023. Haben sie sich für das Modell „Qualifizierter Mietspiegel“ entschieden, verlängert sich die Frist bis Januar 2024.
In der neuen Mietspiegelverordnung sind für die Erstellung eines Mietspiegels nun auch gesetzliche und einheitliche Mindeststandards festgelegt, anhand derer sogenannte qualifizierte Mietspiegel erstellt werden können. Unter anderem beziehen sich diese auf die Auswahl von vergleichbaren Wohnobjekten und den Umfang der Stichproben. Sinn und Zweck dieser neuen Mindeststandards: Die ortsübliche Vergleichsmiete soll zuverlässiger und realitätsnäher ermittelt werden, um in Zukunft offizielle Mietspiegel nicht mehr „einfach so“ vor Gericht anzweifeln zu können.
Die Mietspiegelreform besagt ferner, dass seit Juli 2022 sowohl Vermieter als auch Mieter dazu verpflichtet sind, Auskunft über Miete und Merkmale des Wohnobjektes zu geben, wenn Sie per Zufallsprinzip für eine Stichprobe ausgewählt wurden und es sich um eine Umfrage für die Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels handelt. Vor der Reform war die Teilnahme an solchen Umfragen freiwillig. Dementsprechend wurden die Ergebnisse oft von denen bestimmt, die zufällig ausgewählt wurden beziehungsweise Lust und Zeit hatten, an solchen Erhebungen teilzunehmen. Beteiligten sich in einem durchmischten Wohngebiet zum Beispiel überwiegend Besserverdienende mit hohen Mieten, war das Abbild der aktuellen Mietsituation in diesem Stadtteil nicht unerheblich verzerrt. Das soll die neue Auskunftspflicht nun verhindern, die bei Missachtung zudem hart bestraft werden kann: Wer nicht vollständige oder korrekte Angaben zum Mietverhältnis, zur Höhe der Miete, zur Ausstattung und zu anderen Merkmalen seiner Wohnimmobilie macht, muss mit einem Bußgeld von bis zu 5.000 Euro rechnen. Um an zuverlässige Daten zu kommen, sind Behörden zudem inzwischen auch dazu berechtigt, Daten aus dem Melderegister zu nutzen. Zudem dürfen sie auch Informationen aus Gebäude- und Wohnungszählungen sowie aus der Verwaltung der Grundsteuer zurate ziehen.
Mieterverbände begrüßen die Mietspiegelreform und sind der Meinung, dass sie sowohl Mietenden als auch Vermietenden zu mehr Rechtssicherheit verhelfen. Experten auf Seiten der Mieterverbände salutieren vor allem die Erleichterungen im Streit um die angemessene Miethöhe: Wenn es keinen Mietspiegel gibt, müssen oft teure Gutachter zurate gezogen werden. Da seit der Reform jetzt auch Städte ab 50.000 Einwohnern einen offiziellen Mietspiegel einführen müssen, könne es nun leichter und schneller zu einer gerechten Einigung kommen.
Die Reform des Mietspiegelgesetzes wird aber auch vom Eigentümer-Verband Haus & Grund positiv bewertet, weil er wesentlich mehr Transparenz, auch und vor allem im Verhältnis Mieter-Vermieter, biete. Auch die Tatsache, dass der einfache Mietspiegel weiter Bestand hat, begrüßt der Eigentümer-Verband. Denn dieses Modell würde, selbst wenn einfache Mietspiegel nicht immer nach vollkommen transparenten Methoden erstellt werden, zumindest einen Orientierungsansatz für Mieter und Vermieter vorlegen, an dem es ohne Mietspiegel eben vollständig fehlt.
Einzig allein der Beschluss, dass Bußgelder drohen, wenn Vermieter und Mieter ihrer Auskunftspflicht nicht nachkommen, kritisiert der Verband mit dem Argument, dass diese Auskunftspflicht die typischen Probleme, die bei der Datenerfassung regelmäßig entstehen, nicht löse. Weil spezielle Beschaffenheitsmerkmale Vermietern oft nicht bekannt sind oder zu Unsicherheiten bei der richtigen Einordnung führen, hätten Vermieter nun ein besonders hohes Risiko zu tragen.
Reform des Mietspiegelrechts - die wichtigsten Änderungen im Überblick
- Ein offizieller Mietspiegel jetzt auch für größere Städte verpflichtend
- Es gelten neue Mindeststandards für qualifizierte Mietspiegel
- Es besteht eine gesetzliche Auskunftspflicht für Mieter und Vermieter
- Behörden haben mehr Möglichkeiten und Befugnisse
- Den sogenannten einfachen Mietspiegel gibt es weiterhin
Natürlich gibt es auch in der Landeshauptstadt Stuttgart einen Mietspiegel, der über die aktuelle Entwicklung der Mieten der nicht preisgebundenen Wohnungen Auskunft gibt und somit zu einer besseren Orientierung auf dem Wohnungsmarkt beitragen kann. Der Mietspiegel gilt also sowohl für Appartements, für Maisonette- und Penthousewohnungen, als auch für Einfamilienhäuser. Dagegen gelten für die Feststellung der Miethöhe von staatlich subventionierten Wohnungen (Sozialwohnungen) Sonderregelungen.
Die Stadt Stuttgart veröffentlicht seit 1972 und alle zwei Jahre einen qualifizierten Mietspiegel gemäß § 558d BGB, der nach anerkannten wissenschaftlichen Grundlagen vom Statistischen Amt und dem Amt für Stadtplanung und Wohnen erstellt wird. Aber auch der Stuttgarter Haus‐ und Grundbesitzerverein e. V. und der DMB‐Mieterverein Stuttgart und Umgebung e. V. sind an der Erstellung beteiligt.
Stuttgarts aktueller Mietspiegel gilt seit dem 1. Januar 2023 und bis zum 31. Dezember 2024. Er zeigt die ortsüblich gültigen Vergleichsmieten der Landeshauptstadt, die im Erhebungsmonat April 2022 ermittelt wurden. Weil die Mietspiegelreform zu diesem Zeitpunkt noch nicht galt, wurden die befragten Haushalte noch nach dem Zufallsprinzip und ohne gesetzliche Auskunftspflicht ausgewählt. Der Mietspiegel 2023/2024 bietet also eine Übersicht über die Mieten, die in der Stadt Stuttgart für frei finanzierte Wohnungen im Durchschnitt gezahlt werden, ist gleichzeitig aber auch der gesetzlich festgelegte Anhaltspunkt beziehungsweise Maßstab für Mieterhöhungen. Seit der Mietspiegelreform fließen in die Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete allerdings auch alle Mietverhältnisse mit ein, die innerhalb der vergangenen sechs Jahre abgeschlossen oder den marktüblichen Preisen angepasst wurden. Dies ist seit der Mietspiegelreform nun in § 558 Abs. 2 Satz 1 BGB geregelt.
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Kostenlos ist der Mietspiegel 2023/2024 als PDF‐Version im Internet erhältlich, zum Beispiel unter www.stuttgart.de. Gegen eine Schutzgebühr von sieben Euro gibt es Stuttgarts aktuellen Mietspiegel auch als Print-Version, zum Beispiel beim Statistischen Amt, beim Rathaus Stuttgart oder bei den Bezirksämtern der Stadt Stuttgart. Bei Fragen oder für mehr Informationen zur Anwendung des Mietspiegels erteilt das Amt für Stadtplanung und Wohnen, Sachgebiet Wohnbauförderung, der Landeshauptstadt Stuttgart Auskunft.
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