Mietminderung während Lockdown

Mietminderung während Lockdown

Müssen Gewerbetreibende auch dann Miete zahlen, wenn sie durch einen pandemiebedingten Lockdown keinerlei Einnahmen hatten? Diese Streitfrage musste Anfang 2021 vom Bundesgerichtshof geklärt werden.

Die Richter in Karlsruhe entschieden, dass gewerbliche Mieter:innen im Falle eines pandemiebedingten Lockdowns grundsätzlich einen Anspruch darauf haben können, ihre Mietverpflichtungen den aktuellen Umständen entsprechend anzupassen. Allerdings präzisierten die Richter, dass dabei immer sämtliche Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden müssen. Zu solchen Umständen zählen zum Beispiel konkrete Umsatzeinbußen, staatliche Hilfen oder Versicherungsleistungen.

BGH: Keine Partei trägt die alleinige Verantwortung

In seiner Entscheidung hielt der BGH zudem fest, dass eine pauschale Hälfte-/ Hälfte-Aufteilung der Miete zwischen Mieter und Vermieter nicht verhältnismäßig wäre. Schließlich seien beide Seiten durch die staatlichen Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Pandemie belastet und trügen an gewerblichen Einschränkungen keine direkte Schuld. Entscheidend sei vielmehr, welche wirtschaftlichen Nachteile durch eine Geschäftsschließung konkret entstanden sind.

Landgericht gab zunächst Vermieter Recht

Dem Urteil zugrunde lag eine Klage des großen Textil-Discounters Kik. Geklagt hatte Hausbesitzer Jürgen Zehnder von der Zehnder Grundstücksverwaltung. Er hatte bereits 2013 einen Mietvertrag mit dem Textil-Discounter KiK abgeschlossen. Dieser zahlte die vereinbarte Miete in Höhe von knapp 7.850 Euro nicht, als die Filiale im März 2021 gemäß einer Anordnung des Freistaates Sachsen geschlossen blieb.

Zehnder entschloss sich daraufhin, die unbezahlte Miete einzuklagen. Er vertrat die Meinung, dass die Umsatzeinbußen seiner Mieter:innen kein Grund dafür seien, die vereinbarte Miete nicht zu zahlen. Schließlich würde KiK das Risiko, die Filiale öffnen zu können, ganz allein tragen. Genauso sah es auch das Landgericht Chemnitz und verurteilte KiK zur Mietzahlung. Gegen dieses Urteil ging KiK jedoch vor dem Oberlandesgericht in Berufung und stützte sich unter anderem auf das Argument, dass man angesichts der Pandemie etwas anderes im Mietvertrag vereinbart hätte, wenn früher bekannt gewesen wäre, dass es zu Schließungen kommen würde.

Oberlandesgericht teilte Risikohaftung auf

Das OLG Dresden gab KiK zumindest teilweise Recht und entschied, dass der Textil-Discounter nur 50 Prozent der Kaltmiete zu zahlen habe. Denn schließlich würden Mieter:innen und Vermieter:innen das Risiko behördlicher Betriebsschließungen gemeinsam tragen. Dementsprechend müssten Verträge auch angepasst werden. Für diese Entscheidung bezog sich das OLG auf eine neue Regelung, die der deutsche Gesetzgeber zum Jahreswechsel 2020/2021 eingeführt hatte und nach der bei Lockdowns vermutet wird, dass sich seit Vertragsabschluss ein Umstand so schwerwiegend geändert hat, dass gewerbliche Mieter:innen eine Mietminderung rechtmäßig verlangen und durchsetzen können. Gegen dieses Urteil zogen dann beide Seiten vor den BGH, der jedoch bestätigte, dass Händler:innen bei Schließung ihrer Geschäftsräume aufgrund eines staatlich angeordneten Lockdowns grundsätzlich einen durchsetzbaren Anspruch auf Mietminderung haben.

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