Der Bundesgerichtshof fällte kürzlich aber auch ein Urteil, das eine bisherige Gesetzeslücke schloss. Diese dürfte nach Einschätzungen von Immobilienexperten durchaus auch andere Wohnungseigentümergesellschaften (WEGs) betreffen und kann insbesondere für mehrere Eigentümer derselben Immobilie von großer Bedeutung sein.
In dem konkreten Streitfall ging es um ein baufälliges, 40 Jahre altes Parkhaus in Augsburg. Das Gewerbegebäude in der bayerischen Stadt sorgte seit mehreren Jahren für negative Schlagzeilen in den lokalen Medien und beschäftigte regelmäßig die Gerichte. Das sogenannte „Problem-Parkhaus“ mit insgesamt 550 Stellplätzen auf elf Etagen gehört mehreren Eigentümern, die jedoch sehr unterschiedliche Vorstellungen bezüglich der Zukunft ihrer Immobilie haben: Während ein Miteigentümer unbedingt sanieren möchte, will ein anderer das Gebäude abreißen lassen. Resultat: Es wurde nichts unternommen und das Parkhaus wurde immer renovierungsbedürftiger, bis es schließlich auf Anordnung der Parkhausverwaltung weitestgehend geschlossen wurde.
Dennoch entschied sich die Eigentümergemeinschaft weiterhin gegen eine Sanierung und schlug vor, dass der einzig sanierungsgewillte Eigentümer, der in dem Parkhaus drei Etagen besitzt, auf eigene Kosten renovieren könne. Daraufhin zog dieser vor Gericht, welches zunächst jedoch zu seinen Ungunsten und mit der Begründung entschied: Normalerweise sei eine WEG zwar verpflichtet, einen gefahrenträchtigen Zustand zu beheben. Laut Gesetz entfalle eine solche Sanierungspflicht jedoch, wenn ein Gebäude „zu mehr als der Hälfte seines Wertes zerstört“ sei. Und dieses Szenario sei im Fall des Augsburger Parkhauses gegeben. Denn das Gebäude sei in saniertem Zustand etwa 3,6 Millionen Euro wert, die dafür notwendigen Sanierungskosten würden jedoch rund 4,9 Millionen Euro betragen. Demnach würde eine gesetzlich vorgeschriebene Verpflichtung zu einer Sanierung nicht gegeben sein.
Die Richterinnen und Richter vom Bundesgerichtshof in Karlsruhe waren jedoch anderer Meinung: Immobilienbesitzer:innen seien selbst dann zur Sanierung ihres Besitzes verpflichtet, wenn das teurer ist als der eigentliche Wert der Immobilie (Az. V ZR 225/20). Eine mögliche wirtschaftliche Überforderung einzelner Eigentümer dürfe nicht dazu führen, dass eine Sanierung ausbleibe.
Gerold Happ, Bundesgeschäftsführer beim Verband Haus & Grund, sagte zu dieser BGH-Entscheidung: „Es ist ein spannendes Urteil, weil es doch die eine oder andere Wohnungseigentümergemeinschaft in Deutschland betreffen dürfte. Es gibt in Deutschland einige WEGs mit Sanierungsstau, wenngleich nur ein geringer Teil davon schon an dem Punkt angelangt sein dürfte, dass der nun verhandelte Fall zutrifft.“ Doch man könne sich „durchaus den Fall vorstellen, dass ein Investor sich über Jahre gegen Sanierungsmaßnahmen ausspricht in der Hoffnung, eines Tages das gesamte Haus gegen den Willen eines anderen Wohnungseigentümers abzureißen“, sagte Happ weiter. „Diese Lücke wurde nun geschlossen.“
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