Heizen, CO2-Abgabe, Nebenkosten, Mietanpassungen, Steuern ... Alle Jahre wieder ist der 1. Januar ein wichtiger Stichtag für die Immobilienwelt. So stehen auch Anfang des Jahres 2022 für Immobilieneigentümer und Mieter einige Änderungen an, weitere Entwürfe hängen noch in der Schwebe. Insbesondere der kürzliche Regierungswechsel und eine neue Koalition machen den Ausblick auf das Jahr 2022 spannend – auch für Personen, die in absehbarer Zukunft einen Immobilienkauf planen. Doch was ändert sich 2022 konkret? Wir geben einen Überblick.
Für Immobilieneigentümer steht 2022 ganz im Zeichen der Energiewende. Darauf verweist der Verband Haus & Grund Deutschland. „Die Änderungen sind hauptsächlich auf die Wende hin zu einer klimaneutralen Energieversorgung zurückzuführen.“ Mit diesen Worten läutete Verbandspräsident Kai Warnecke das Jahr 2022 ein. Bundeseinheitlich gelten seit dem 1. Januar dabei folgende Änderungen für Immobilieneigentümer und Vermieter:
Entsprechend dem geltenden Brennstoffemissionshandelsgesetz wird 2022 der nationale CO2-Preis auf fossile Brennstoffe von 25 auf 30 Euro ansteigen. Heizkosten werden also noch teurer. Für eine Wohnung mit 80 Quadratmetern sind im Durchschnitt mit 13 bis 21 Euro mehr Heizkosten gegenüber dem Vorjahr zu rechnen.
Sinken wird 2022 dagegen die Umlage zur Deckung der Vergütung des nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) geförderten Stroms, und zwar von 6,5 Cent (Stand 2021) auf 3,723 Cent pro Kilowattstunde. Damit sinkt die Ökostrom-Umlage auf ein 10-Jahres-Tief. In konkreten Zahlen bedeutet das: Eine vierköpfige Familie mit einem Jahresstromverbrauch von 3.000 Kilowattstunden kann zum Beispiel mit einer Entlastung von fast 100 Euro gegenüber dem Vorjahr rechnen.
Bereits zum 1. Dezember 2021 ist eine neue Heizkostenverordnung in Kraft getreten, die besagt: Wenn Vermieter:innen ihre vermietete Immobilie bereits mit fernablesbaren Messgeräten für den Wärmeverbrauch ausgestattet haben, müssen sie nun ihren Mieter:innen eine Verbrauchs- und Abrechnungsinformation monatlich zukommen lassen. Darin enthalten sein müssen einige zusätzliche Angaben, etwa zu den enthaltenen Steuern oder dem Brennstoffmix. Kommuniziert werden können die Informationen per E-Mail, per Brief oder über ein Online-Portal. Falls noch keine Fernablesegeräte installiert sind, haben Vermieter:innen noch bis 2026 Zeit zum Nachrüsten.
Eigentlich war schon für 2021 ein EU-weiter Zensus geplant, der wegen der Corona-Pandemie jedoch verschoben wurde und nun mit Stichtag 15. Mai 2022 nachgeholt werden soll. Teil davon ist eine Gebäude- und Wohnungszählung (GWZ). Vermieter:innen werden in diesem Rahmen von den zuständigen Ämtern Post bekommen, um Fragen zum Gebäude, den Wohnungsgrößen, dem Baujahr, den Nettokaltmieten usw. zu beantworten.
Bis zum 31. Oktober müssen Eigentümer:innen beim Finanzamt dann auch weitere Angaben über ihre Immobilien einreichen. Die Vorlage dafür wird voraussichtlich aber erst im Juli zur Verfügung stehen. Es wird davon ausgegangen, dass bei der Feststellungserklärung folgende Daten abgefragt werden: Grundstücksart, Grundstücksfläche, Bodenrichtwert, Wohnfläche, Baujahr und bei Mehrfamilienhäusern mit Eigentumswohnungen den Miteigentumsanteil. Aufgrund dieser Informationen soll dann die Grundsteuer 2025 neu berechnet werden.
Mit höheren Schornsteinen sollen Nachbarn in Zukunft besser vor gesundheitsgefährdenden Immissionen durch Abgase aus Feststofffeuerungen geschützt werden. Das ist der Sinn der strengeren Anforderungen, die laut der neuen Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen seit dem 1. Januar für Schornsteine von neuen Kaminöfen und Pelletheizungen gelten. Die Modernisierung oder der Ersatz bestehender Kaminöfen, aber auch der Ersatz einer alten Gas- oder Ölheizung durch einen Biomassekessel werden allerdings nicht verschärft. Für sie gelten weiterhin die bisherigen Regelungen. Am 1. Januar 2022 ist zudem die geänderte Kehr- und Überprüfungsverordnung (KÜO) in Kraft getreten. Mit der Neuregelung werden die Gebührentatbestände für Bezirksschornsteinfeger an die neuen Regelungen des Gebäudeenergiegesetzes (§ 97 GEG) angepasst und um neue Prüfaufgaben ergänzt. Konsequenz: Die Gebühren für Schornsteinfeger steigen.
Und was ändert sich 2022 für Mieter? Fest steht: Auch für diese sind am 1. Januar 2022 einige wichtige Neuregelungen in Kraft getreten, die Mietern das Leben tendenziell erleichtern sollen. Die monatlichen Abrechnungs- und Verbrauchsinformationen, zu denen die neue Heizkostenverordnung einige Vermieter verpflichtet (siehe oben), ist dabei aber nur eine von zahlreichen Maßnahmen.
Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung ist vorgesehen, dass der Anstieg der CO2-Abgabe auf fossile Heizenergien (siehe oben) zwischen Vermieter:innen und Mieter:innen aufgeteilt werden sollen. Geplant ist, dass zum 1. Juni 2022 für diese Aufteilung ein Stufenmodell nach Gebäudeenergieklassen eingeführt wird. Falls dieser Zeitplan nicht eingehalten werden kann, sollen die CO2-Kosten ab dem 1. Juni zu jeweils 50 Prozent zwischen Mieter und Vermieter aufgeteilt werden.
Neben dieser bereits beschlossenen Aufteilung der CO2-Kosten verfolgt die Ampel-Koalition aber noch weitere Pläne zum Thema Heizkosten. Geprüft werden soll das Modell einer Teilwarmmiete, wie es zum Beispiel schon in Schweden üblich ist. Nach diesem Modell bieten Vermieter:innen ihre Immobilie potentiellen Mieterinnen und Mietern zum Mietpreis inklusive Heizkosten an, der eine durchschnittliche Beheizung von 20 bis 22 Grad zugrunde gelegt wird. Mieter:innen, die mehr heizen, zahlen die Differenz. Wird weniger geheizt, muss der Vermieter die Differenz der Mieter ersetzen. Aber: Senkt der Vermieter den Verbrauch, indem er seine Immobilie energetisch saniert, kann er die Ersparnis durch die geringeren Heizkosten behalten. Mit diesem Modell der Teilwarmmiete konnte in Schweden seit dem Jahr 2000 ein enorm hoher Anteil des CO2-Ausstoßes aufgefangen werden.
Zum 1. Juli 2022 tritt auch das Gesetz zur Reform des Mietspiegelrechts in Kraft. Für Städte mit über 50.000 Einwohner:innen wird es dann eine Mietspiegelpflicht geben, für die Umsetzung bleibt ein Jahr Zeit. In Städten mit mehr als 100.000 Einwohner:innen sollen zukünftig nur noch nach wissenschaftlichen Kriterien erstellte Mietspiegel als Begründung für Mietanpassungen gelten. Von einem bundesweiten Mietendeckel oder Mietstopp nach Berliner Vorbild, der die Mieten für einige Jahre einfriert, ist im neuen Koalitionsvertrag dagegen nicht die Rede.
Bereits am 1. Dezember 2021 ist die Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) in Kraft getreten. Vermieter:innen sollen damit die Kosten für einen Kabel-TV-Vertrag für die Mietimmobilie nicht mehr auf die Mieter:innen umlegen dürfen. Vielmehr können diese den Anbieter selbst wählen – oder ganz darauf verzichten. Dies gilt für alle nach dem 1. Dezember 2021 neu installierten Kabelanschlüsse sofort, für Bestandsanlagen gilt die neue Regelung erst ab dem 1. Juli 2024.
Größere Gesetzesänderungen für Immobilienkäufer:innen stehen mit dem Jahreswechsel erst einmal nicht an. Allerdings hat die neue Regierung einige Vorhaben, die den Erwerb von Wohneigentum erleichtern sollen, damit sich mehr Menschen Wohneigentum leisten können.
Weil angesichts der hohen und immer weiter steigenden Immobilienpreise viele Kaufinteressent:innen nicht in Lage sind, das nötige Eigenkapital anzusparen, soll es in Zukunft Darlehen geben, die diesen Eigenanteil ersetzen. Sogenannte „Schwellenhaushalte“, das heißt Haushalte mit Einkommen unterhalb der Grenzen der Wohnraumförderungsprogramme der Länder, sollen mit Tilgungszuschüssen und Zinsverbilligungen unterstützt werden. Details zur Umsetzung dieser Pläne stehen allerdings noch aus.
In Deutschland sind die Kaufnebenkosten beim Immobilienerwerb vergleichsweise hoch, insbesondere durch die Grunderwerbsteuer, die je nach Bundesland zwischen 3,5 und 6,5 Prozent liegt. Um auch diese Hürde zum Eigentumserwerb zu senken, sollen die Länder die Grunderwerbsteuer künftig flexibler gestalten können. Funktionieren könnte das beispielsweise mit einem Freibetrag beim Kauf einer selbst genutzten Immobilie.
Beim Erwerb einer Immobilie sollte auch einkalkuliert werden, dass laut Koalitionsvertrag ab 2025 alle neu eingebauten Heizungsanlagen zu 65 Prozent auf Basis erneuerbarer Energien laufen müssen. Nach 30 Jahren müssen alte Heizungen nach dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) zwingend ausgetauscht werden. Geräte mit Baujahr 1992 müssen also im Laufe des Jahres 2022 ersetzt werden.
Angesichts der hohen Energiekosten lohnen sich energiesparende Maßnahmen wie Dämmung oder Fenstertausch fast immer. Allerdings sind viele Baustoffe wegen der weltweit hohen Nachfrage derzeit Mangelware und haben dementsprechend lange Lieferzeiten. Aufgrund der hohen Rohstoffpreise sind sie zudem deutlich teurer geworden. Allerdings unterstützt der Staat energetische Maßnahmen auch weiterhin mit entsprechenden Förderprogrammen der KfW-Bank und dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA).
Weil sich Sparen angesichts niedriger Zinsen heutzutage nicht mehr lohnt, ist auch die Nachfrage nach Immobilien zur Geldanlage und Altersvorsorge groß. Wohnungen und Häuser in guter Lage werden demnach immer mehr zur Mangelware, Schnäppchen finden sich fast nur noch in ländlichen Gegenden. Prognosen zufolge werden die Immobilienpreise 2022 weiter ansteigen, immer noch niedrige Immobilienzinsen sprechen wiederum für einen baldigen Kauf. Wer jetzt kauft, sollte sich die günstigen Zinsen aber auf jeden Fall langfristig sichern.
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