Leibrente bei Immobilieneigentum – Interessantes Modell oder Wette auf den Tod?

Leibrente bei Immobilieneigentum – Interessantes Modell oder Wette auf den Tod?

Die sogenannte Leibrente ist eigentlich fast jedem ein Begriff. Doch was bedeutet sie genau? Gibt es die Leibrente in unterschiedlichen Ausführungen? Was sind die Vorteile und welche Nachteile können aus ihr entstehen? Für wen lohnt sich eine Leibrente und wer sollte besser die Finger von dieser Einrichtung lassen?

Allgemein gilt: Auf keinen Fall sollte man die Gestaltung eines Hausverkaufes gegen eine zu zahlende Leibrente voreilig als eine ‚Wette auf den Tod‘ verurteilen. Denn eine Leibrente kann auch eine gewisse Absicherung des Immobilieneigentümers sein, seine Erben einschließen, einen Nießbrauch beinhalten oder an bestimmte Bedingungen gekoppelt werden. Kurz: Eine Immobilien-Leibrente erlaubt allen Beteiligten eine recht genaue Kalkulation der Einnahmen und der Ausgaben. Den Verkäufer kann sie aus finanziellen Nöten befreien, während sie für den Käufer eine ganz andere Form der Immobilienfinanzierung darstellt. Allerdings gibt es auch immer wieder viele skeptische Stimmen gegenüber der Leibrente, insbesondere von Verbraucherschützern.

Wir haben die wesentlichen Modelle der Leibrente näher betrachtet, die mittlerweile für viele Menschen in Deutschland als private Rentenversicherung oder als besondere Form einer Immobilien-Finanzierung genutzt werden.

Das grundsätzliche Prinzip

Eine eigene Immobilie ist immer noch die beste Vorsorge für die Zukunft. Allerdings können auch trotz Immobilienbesitz unvorhergesehene finanzielle Engpässe auftreten, insbesondere im Alter. Mit der Immobilien-Leibrente überbrücken beispielsweise viele Rentner derartige Schwierigkeiten. Die Leibrente kann auch für Eltern eine interessante Möglichkeit sein, ihren Kindern eine Immobilie schon zu Lebzeiten zumindest teilweise zu übergeben. Für den Käufer hat sie wiederum den großen Vorteil, dass dieser den Kaufpreis zunächst nicht in voller Höhe bezahlen muss, sondern ihn in monatlichen Raten abstottern kann.

Als Prinzip liegt allen Modellen der Leibrente zugrunde, dass der Immobilienbesitzer sein Wohneigentum verkauft und dafür eine monatliche Ratenzahlung sowie meistens auch ein lebenslanges Wohnrecht erhält. Im Interesse aller Beteiligten wird dieser Deal notariell abgesichert und auch im Grundbuch verankert. Wie viel Geld dabei fließt, hängt in erster Linie vom Wert der Immobilie und dem Alter des Verkäufers ab.

Im Einzelnen gibt es folgende, wesentliche Arten der sogenannten Leibrente:

Die klassische Variante: Die Zeit- oder Leibrente

Das ‚klassische‘ Modell ist die sogenannte Zeit- oder Leibrente. Hier basiert die Höhe der Rente auf dem theoretisch erzielbaren Kaufpreis zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zuzüglich der Zinsen. Über den Marktwert verhandeln Verkäufer und Käufer.

Bei der Zeitrente wird dabei ein fester Zahlungszeitraum vereinbart, zum Beispiel 20 Jahre, in denen die regelmäßigen Ratenzahlungen fließen. Nach Ablauf dieses Zeitraumes ist die Immobilie abbezahlt und wechselt ihren Eigentümer.

Bei der Leibrente dagegen wird vereinbart, dass die Ratenzahlungen so lange an den Verkäufer gezahlt werden, bis dieser stirbt. Dabei wird die Leibrente in der Regel an die Inflationsrate gekoppelt. Bei steigender Teuerungsrate erhöhen sich dementsprechend also auch die Rentenzahlungen.

Um die Risiken für alle Beteiligten einzugrenzen, wird die Zeit- oder Leibrente wie ein normaler Verkauf in einem vor dem Notar abgeschlossenen Kaufvertrag vereinbart. Dabei ist der Inhalt von den Vertragspartnern frei gestaltbar. So muss weder der Gesamtpreis für die Immobilie verrentet werden, noch muss die Immobilie sofort oder zeitnah übergeben werden. Ratenzahlungen können auch erst zu einem späteren Zeitpunkt getilgt werden. Eine im Grundbuch eingetragene Reallast sichert zudem den Verkäufer ab. Dadurch kann er im Notfall seine Immobilie zwangsversteigern lassen, zum Beispiel, wenn der Käufer seinen Verpflichtungen nicht vertragsgerecht nachkommen sollte. Wenn ein alleinlebender Leibrenten-Bezieher vor Ablauf der vereinbarten Zahlungsfrist verstirbt, kann der Käufer frei über die Immobilie verfügen. Bei Paaren ist deshalb vertraglich immer festzulegen, dass der zurückbleibende Partner sein lebenslanges Wohnrecht auch alleine behält.

Vor- und Nachteile der Zeit- und Leibrente

Beide Modelle haben sowohl für den Käufer als auch für den Verkäufer Vor- und Nachteile. Grundsätzlich lässt sich feststellen: Bei der Zeitmiete weiß der Käufer ganz genau, wann der Kaufpreis für das Haus voll bezahlt ist. Bei einer lebenslangen Leibrente besteht für den Käufer das Risiko, dass der Verkäufer sehr alt werden könnte und er weitaus mehr für die Immobilie zahlen könnte, als sie tatsächlich wert ist beziehungsweise als er für sie bezahlt hätte, wenn er den Kaufpreis auf einmal entrichtet hätte.

Zu den großen Vorteilen der Leibrente gehört dagegen, dass

  • der Käufer den Kaufpreis zunächst nicht in voller Höhe zahlen muss
  • der Käufer kein Eigenkapital einsetzen und keinen Kredit aufnehmen muss
  • die Erträge aus der Leib- oder Zeitrente anders besteuert werden als die Einkünfte aus Kapitalvermögen
  • Kinder, die eine Leibrente an ihre Eltern zahlen, einen Teil davon als Sonderausgaben absetzen können
  • Nachteile können sich aber aus der Leibrente ergeben,
  • wenn der Verkäufer länger lebt, als gedacht. Ein solcher Fall lässt sich allerdings auch vertraglich regeln
  • wenn der Käufer finanziell in Schwierigkeiten gerät. Denn wenn er die vereinbarten Raten nicht mehr bezahlen kann, verfällt sein Anspruch auf die spätere Übertragung der Immobilie

Ideal ist die Vereinbarung einer Zeit- oder Leibrente auf jeden Fall für sanierungsbedürftige Häuser, da diese häufig schwer verkäuflich sind.

Der Sonderfall: Die Umkehrhypothek

Ein anderes Modell der Leibrente ist die sogenannte Umkehrhypothek. Dabei schließt der Immobilieneigentümer eine Art Kreditvertrag mit einer Bank oder mit einer Versicherung ab, bei dem die Immobilie als Sicherheit dient. Das Haus oder die Wohnung bleiben in seinem Eigentum und die Hypothek wird ihm in monatlichen Raten ausbezahlt. Am Ende der Laufzeit zahlt er entweder die angesammelte Hypothek in voller Höhe zurück oder die Immobilie geht in das Eigentum des Kreditgebers über.

Die Umkehrhypothek als Bankdarlehen

Peu à peu bieten immer mehr Banken diese sogenannten Umkehrhypotheken an. Im Regel- beziehungsweise Idealfall ist der Verkäufer mindestens 60 Jahre alt und bleibt am Ende Eigentümer seiner Immobilie. Das Grundeigentum wird zunehmend mit einer Grundschuld zugunsten der Bank belastet. Als Grenze dient der übliche Beleihungswert der Immobilie, also 50 bis 80 Prozent des Verkehrswertes.

Ob sich diese Angebote durchsetzen werden, bleibt allerdings abzuwarten. Denn einige Banken haben sie bereits wieder vom Markt genommen und durch eine sogenannte ‚Rentenhypothek‘ ersetzt –ein Darlehen über bis zu 50 Prozent des Beleihungswertes der Immobilie.

Kalkulation einer Umkehrhypothek

Doch wie kalkuliert ein Kreditunternehmen eine Umkehrhypothek? Kann doch niemand voraussagen oder bestimmen, wie lange ein Mensch zu leben hat.

Offiziell wird von einer monatlichen Auszahlung bis zum Alter von 110 Jahren ausgegangen. Intern kalkulieren die meisten Banken jedoch mit einem Lebensalter von bis zu maximal 95 Jahren – das wirtschaftliche Risiko, dass ein Bankkunde älter werden könnte, trägt die Bank dabei selbst oder federt es durch eine dementsprechende Rückversicherung ab. Stirbt der Immobilieneigentümer vorher, erhält die Bank den ausgezahlten Betrag auf einen Schlag zurück.

Vor- und Nachteile einer Umkehrhypothek

Als Vorteile einer Umkehrhypothek sind im Wesentlichen zu nennen:

  • Theoretisch können die Eigentümer bis an ihr Lebensende in ihrer eigenen Immobilie wohnen bleiben und trotzdem schon zu Lebzeiten ihre Immobilie ‚quasi verkaufen’. Dies wiederum ermöglicht ihnen Planungssicherheit, auch weil die Rentenzahlungen im Voraus festgelegt werden.
  • Auch ein eventueller vorzeitiger Verkauf der Immobilie kann vertraglich vereinbart werden, zum Beispiel wenn der Umzug in ein Pflegeheim unumgänglich wird. In solch einem Fall kann mit dem erzielten Verkaufserlös das noch ausstehende Darlehen getilgt werden.

Als Nachteile einer Umkehrhypothek sind dagegen zu erwähnen:

  • Die Umkehrhypothek ist ein relativ teures Produkt, insbesondere im Hinblick auf ihre Abschlussgebühr und die Rückversicherung der kreditgewährenden Bank gegen das ‚Langlebigkeitsrisiko‘ der Eigentümer. Da die Immobilie außerdem als Sicherheit für die Umkehrhypothek dient, können eventuell auch sehr hohe Kosten für Instandhaltungen oder Renovierungen anfallen, die vorher vertraglich festgelegt wurden.

Generell bietet sich das Modell der Umkehrhypothek vor allem für ältere Leute an, die außer ihrer Wohnimmobilie über keine größeren finanziellen Mittel verfügen, da weder Zinsen noch Tilgungsraten für den ‚Kredit‘ zu zahlen sind, das Risiko des Wertverlustes in der Regel der Kreditgeber der Immobilie trägt und der Immobilienbesitzer üblicherweise auch ein lebenslanges Wohnrecht behält.

Verbraucherschützer sind skeptisch

Verbraucherexperten argumentieren allerdings häufig, dass Leibrente und Umkehrhypothek oft teuer erkauft und nicht für jeden ratsam sind.

Denn: Die Immobilienbesitzer bekommen zwar eine monatliche Rente, wohnen aber nicht kostenfrei. Für Nebenkosten, Sanierung und Instandhaltung müssen sie schließlich weiterhin selber aufkommen. Bei der Umkehrhypothek würde das betreffende Objekt von Bank-Gutachtern zudem stets unter seinem tatsächlichen Marktwert bewertet werden, um mögliche Risiken zu kompensieren. Zum Beispiel, wenn der Besitzer deutlich älter wird als erwartet oder die Immobilie nach seinem Tod schwer zu verkaufen ist. Als weiteres Argument merken die Verbraucherschützer an, dass nicht nur die Darlehens-Zinsen in der Regel hoch angesetzt sind, sondern auch die Gebühren für den Abschluss sowie eine Rückversicherung der Bank gegen das sogenannte ‚Langlebigkeitsrisiko‘. In manchen Fällen bleibe den Kreditnehmern eine monatliche Zusatzrente von lediglich 100 bis 200 Euro. Die Umkehrhypothek lohne sich deshalb oft nur für kinderlose Hauseigentümer in akuter Geldnot.

Generell raten Verbraucherschützer dazu, Angebote sehr sorgfältig durchzurechnen, zu vergleichen und von unabhängiger Seite, zum Beispiel von der Verbraucherzentrale, prüfen zu lassen. Als Alternative zu Leibrente und Umkehrhypothek empfehlen sie, die Immobilie zum bestmöglichen Marktpreis selbst zu verkaufen und von dem Erlös eine kleinere Immobilie zu erwerben. Eine weitere Möglichkeit wäre, den Erlös gewinnbringend anzulegen und zur Miete zu wohnen. Allerdings scheuen sich viele ältere Menschen davor, noch einmal umzuziehen und die vertraute Umgebung verlassen zu müssen.

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