Deutschland ist Grillweltmeister! Spätestens an den ersten warmen Tagen des Jahres werfen die in Deutschland lebenden Menschen ihren Grill an - manche grillen sogar das ganze Jahr über.
Doch nicht selten sorgt diese kulinarische Aktivität für jede Menge Ärger, denn die Gerüche von den so zubereiteten Speisen und die mitunter starke Rauchentwicklung sind nicht jedermanns Sache. Beim Grillen in größerer und geselliger Runde kann es zudem auch noch laut werden.
Vor allem das Grillen auf dem Balkon und in Gärten erregt deshalb oft den Unmut der Nachbarn oder der Vermieter. Deshalb sollten die allgemeinen Gebote der Rücksichtnahme und der Toleranz stets mit von der Partie sein.
Doch wie sieht eigentlich die Rechtslage auf diesem Gebiet aus? Was ist offiziell erlaubt und was ist gesetzlich verboten? Wir klären auf.
Auf den ersten Blick ist die Rechtsgrundlage ganz eindeutig: Nein, es gibt kein Grundrecht auf Grillen. Auch das Miet- und Wohnungsrecht legt keine konkreten Regeln fest. Allerdings gibt es zahlreiche Gerichtsentscheidungen, die auf diesem Gebiet den Ton angeben und an denen sich alle Betroffenen zu orientieren haben.
Generell und grundsätzlich ist Grillen natürlich nicht verboten. Als Grundtendenz der vielen Urteile kristallisiert sich sogar heraus, dass die meisten Richter in diesbezüglichen Streitfragen meist eher großzügig sind. Ob und in welchem Umfang Sie auf dem Balkon, der Terrasse oder im Garten grillen dürfen, hängt jedoch in erster Linie davon ab, ob Sie als Mieter oder als Eigentümer grillen.
Für Mieter gilt dabei: Ein Balkon und eine Terrasse sind unmittelbar mit einer Mietwohnung verbunden und dürfen demnach auch, genauso wie die gemietete Wohnung, „vertragsgemäß genutzt“ werden. Das bedeutet: Mieter dürfen auch auf ihren Balkonen und Terrassen alles machen, was die Nachbarn nicht stört oder was der Vermieter nicht ausdrücklich verboten hat. Allerdings hat ein Vermieter auch das Recht, das Grillen auf dem Balkon per Hausordnung zu untersagen. Hält sich der Mieter nicht an dieses Verbot, kann ihm unter Umständen sogar fristlos gekündigt werden. Sollte sich nicht der Vermieter persönlich, sondern andere Hausbewohner an den Grill-Aktivitäten eines Mieters stören, kann ein Vermieter auch dazu verpflichtet werden, dem mietenden ‚Störenfried‘ einige Auflagen zu machen. In solch einem Fall sah es beispielsweise das Amtsgericht Bonn als angemessen an, einem Mieter das Grillen nur einmal im Monat und mit einer zusätzlichen Ankündigungspflicht von mindestens 48 Stunden zu gestatten. Das Amtsgericht Hamburg entschied sogar, dass das Grillen mit einem Holzkohle-Grill auf dem Balkon einer Mietwohnung immer unzulässig ist, weil andere Mieter durch Rauch und Dunst unvermeidbar beeinträchtigt würden. Aber: Solche Verbote gelten nicht für einen eventuell vorhandenen Garten, der vom Mieter mitbenutzt werden darf. Denn ein solcher ist, anders ein Balkon oder eine Terrasse, nicht unmittelbar mit dem Haus oder einer Wohnung verbunden.
Für einen Immobilieneigentümer gilt dagegen generell: Solange sich die Nachbarn nicht durch sein regelmäßiges Grillen gestört fühlen, darf der Eigentümer eines Hauses oder einer Wohnung in seinem eigenen Garten so oft und so lange grillen, wie er es möchte. Werden die Nachbarn dadurch jedoch erheblich gestört, stellt dies eine Ordnungswidrigkeit dar und kann sogar mit einer Geldbuße geahndet werden. Bis zu welchem Grad eine noch zumutbare Störung vorliegt beziehungsweise wann genau diese Schwelle überschritten wird, beurteilten mehrere Gerichte allerdings sehr unterschiedlich. So erlaubte das Amtsgericht Westerstede einem Angeklagten zum Beispiel, nur noch zehn Mal im Jahr grillen zu dürfen. Das Bayerische Oberste Landgericht war noch strenger und entschied, dass intensive Grill-Gerüche Nachbarn nur maximal fünf Mal im Jahr zugemutet werden dürfen. Zudem müsse der Grill immer am äußersten Ende des Gartens aufgestellt werden. Nach einer Entscheidung des OLG Oldenburg darf sogar nur höchstens viermal im Jahr gegrillt werden. Aber: In welchem Bundesland auch immer ein Immobilieneigentümer in seinem Garten grillt, sollte er stets und mit vernünftigem Menschenverstand auf seine Nachbarn Rücksicht nehmen. Allerdings darf er dann auch von seinen Nachbarn ein angemessenes Maß an Toleranz erwarten.
Gleiches gilt selbstverständlich auch für das Grillen auf der eigenen Terrasse oder auf dem eigenen Balkon. Nach einem Beschluss des Landgerichts Stuttgart müssen Nachbarn das Grillen eines Immobilieneigentümers mindestens dreimal im Jahr für jeweils zwei Stunden dulden. Allerdings besteht auch für Immobilieneigentümer die Pflicht zu einen sorgsamen Umgang und Gebrauch von Holzkohle-Grills, von denen oft eine besonders intensive Rauchentwicklung ausgeht. Diese Sorgfaltspflicht unterstrichen gleich mehrere Landgerichte in ihren jeweiligen Urteilen.
Gemäß der aktuellen Mietminderungstabelle berechtigen Grill-Gerüche nicht zu einer Minderung der Miete. Der Gesetzgeber begründet dies damit, dass Grill-Gerüche in einem gewissen Rahmen von den Nachbarn zu tolerieren sind.
Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg ist das Grillen in der Zeit von 22 Uhr abends bis 7 Uhr morgens untersagt. Selbst wenn das Grillen generell erlaubt wäre, dürfe den Nachbarn in diesem Zeitraum keine dadurch entstehende Lärmbelästigung zugemutet werden.
Unser Tipp:
Auch wenn zahlreiche Gerichtsurteile wegen nicht vorhandenen gesetzlichen Bestimmungen einige grobe Richtlinien vorgeben, sollten bei jedem Grillfest auch immer der gesunde Menschenverstand und ein gewisses Maß an Toleranz dabei sein. Der gleiche Tipp gilt aber auch für Nachbarn, die sich durch dieses Grillfest gestört fühlen könnten.
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