Bauland ist rar und teuer. Vor allem in Ballungsräumen ist es schwierig, ein passendes und bezahlbares Grundstück zu finden. Eine Alternative zum Grundstückskauf kann das sogenannte Erbbaurecht sein, umgangssprachlich auch Erbpacht genannt. Dieses Modell sieht die Nutzung eines fremden Grundstücks über einen festgeschriebenen Zeitraum gegen monatliche oder jährliche Zahlungen vor.
Allerdings gibt es beim Erbbaurecht auch einiges zu beachten. Wir geben einen Überblick über das alternative Finanzierungsmodell.
Unter Erbbaurecht versteht man das zeitlich begrenzte Nutzungsrecht eines Grundstücks zur Errichtung einer Immobilie. Umgangssprachlich wird dafür auch der Begriff Erbpacht verwendet, obwohl es sich bei der Erbpacht im rechtlichen Sinne um eine historische Form landwirtschaftlichen Grundbesitzes handelt, die seit 1947 verboten ist.
Im Prinzip funktioniert das Modell Erbbaurecht folgendermaßen: Der Bauherr pachtet für einen festgeschriebenen Zeitraum ein fremdes Grundstück, um darauf zu bauen. Der festgeschriebene Zeitraum liegt dabei häufig zwischen 50 und 99 Jahren. Während dieser Zeitperiode zahlt der Bauherr dem Eigentümer des Grundstücks eine Pachtgebühr, den sogenannten Erbbauzins. Dieser beträgt üblicherweise zwischen drei und sechs Prozent des Grundstückswertes pro Jahr. Das Grundstück bleibt während der gesamten Pachtzeit Eigentum des Erbbaurechtgebers, das Haus dagegen ist Eigentum des Bauherren, dem sogenannten Erbbaurechtnehmers.
Für Privatpersonen ist eine Erbpacht in erster Linie als Geldanlage geeignet, zum Beispiel für eine gesicherte Altersvorsorge. Gemeinnützige Grundeigentümer wie Kirchen und Stiftungen gewähren einen Erbbauzins dagegen in den meisten Fällen aus sozial geprägten Motiven – zum Beispiel, um kinderreichen Familien ein neues, finanziell erschwingliches Zuhause zu ermöglichen. Kommunen wiederum, die unter Haushaltsaufsicht stehen, sind dagegen eher verpflichtet, Einnahmen nach Marktwert zu erzielen.
Beim Notar schließen Erbbaurechtsgeber und -nehmer einen Vertrag über das Pachtverhältnis ab. Geregelt werden (und müssen) unter anderem die folgenden Punkte:
Wurde nichts Gegenteiliges vereinbart, geht mit dem Ablauf der Pachtzeit das Haus auf den Grundstückseigentümer über. Im Gegenzug erhält der Erbbaurechtsnehmer vom Erbbaurechtsgeber eine Entschädigung, die laut Gesetz mindestens zwei Drittel des allgemeinen Wertes betragen muss. Ein Anspruch auf eine höhere Entschädigung besteht nur, wenn dies im Vertrag vereinbart wurde. Schlägt ein Erbbaurechtsnehmer das gesetzlich festgelegte Angebot des Erbbaurechtsgebers dagegen aus, wird der Erbbaurechtsgeber automatisch neuer Eigentümer und der Erbbaurechtsnehmer geht leer aus.
Theoretisch sind aber auch eine Vertragsverlängerung oder ein Neuvertrag zwischen den bisherigen Partnern möglich. Einen gesetzlichen Anspruch darauf hat der Erbbaurechtsnehmer jedoch nicht. Soll das Grundstück allerdings weiterhin als Erbpacht genutzt werden, hat der ursprüngliche Erbbaurechtsnehmer aber ein Vorrecht auf Vertragsverlängerung und gegenüber anderen Interessenten.
Dem Erbbaurechtsnehmer steht das Recht zu, sein Erbbaurecht noch während der Vertragslaufzeit zu verkaufen. Das ist aber nur möglich, wenn der Eigentümer, also der Erbbaurechtsgeber, dem Verkauf zustimmt. Verweigern kann dieser seine Zustimmung allerdings nur dann, wenn es dafür einen triftigen Grund gibt. Dieser liegt zum Beispiel vor, wenn der Erbbaurechtsnehmer das Gebäude – und damit auch das Grundstück – für ein Gewerbe nutzen möchte, anstatt dort weiterhin zu wohnen. Möchte oder muss ein Erbbaurechtsnehmer sein Erbbaurecht noch während der Vertragslaufzeit verkaufen, steht dem Eigentümer des Grundstücks aber in jedem Fall ein Vorkaufsrecht zu.
Auch für ein Erbbaurecht gilt: Wer einen Kredit abschließt, zahlt für das geliehene Kapital Zinsen. Die Höhe des Erbbauzinses orientiert sich dabei meist am Grundstückswert. In der Regel liegt der Zins zwischen drei und fünf Prozent. Da der Zinssatz jedoch frei verhandelbar ist, kann er auch niedriger ausfallen.
Enthält der Erbbaurechtsvertrag eine Wertsicherungsklausel, wird der Erbbauzins an einen vertraglich vereinbarten Preisindex angepasst. Für gewöhnlich geschieht dies alle fünf Jahre. In den meisten Fällen orientiert sich der Preisindex an dem vom Statistischen Bundesamt ermittelten Verbraucherpreisindex.
Anders als der Zinssatz beim gewöhnlichen Hypothekendarlehen kann sich der Erbbauzins also während der Laufzeit ändern.
Als Pächter eines Grundstücks mit Erbpacht haben Sie ähnliche Rechte und Pflichten wie der Eigentümer eines Grundstücks. Sie können es vermieten, selbst nutzen oder vererben. Allerdings kann eine Erbpacht unter Umständen auch einige Fallstricke mit sich bringen.
Es empfiehlt sich deshalb, beim Vertragsabschluss auf folgende Punkte besonders zu achten:
Fazit
Erbpacht ist nicht in jedem Fall günstiger als der Grundstückskauf. Vor allem nicht in Zeiten niedriger Bauzinsen, in denen es sich auch bei langfristiger Zinsbindung finanziell nicht lohnt, ein Grundstück zum Erbbauzins von drei Prozent oder mehr zu pachten. Weil der Erbbauzins jedoch frei verhandelbar ist, kann er aber auch niedriger ausfallen.
Ob das Erbbaurecht tatsächlich eine günstige Alternative zum Grundstückskauf ist, lässt sich deshalb nicht pauschalisieren, sondern muss in jedem Einzelfall geprüft werden. Generell lässt sich sagen, dass das Modell zum Beispiel für junge Familien mit wenig Eigenkapital und insbesondere dann geeignet ist, wenn der Pachtzins niedrig bemessen ist.
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