Wie hoch ist die Spekulationssteuer und wie kann man sie vermeiden?

Wie hoch ist die Spekulationssteuer und wie kann man sie vermeiden?

Wird ein Grundstück, eine Wohnung oder ein Haus weniger als zehn Jahre nach Erwerb wieder verkauft, liegt ein sogenanntes Spekulationsgeschäft vor. Das bedeutet: Die Einnahmen müssen versteuert werden, wobei die Gründe für den Verkauf bezüglich dieser anfallenden Steuer völlig egal sind. So fällt sie zum Beispiel auch an, wenn eine Zwangsversteigerung droht. Unter gewissen Umständen und bei wohl überlegter Planung kann die Spekulationssteuer jedoch vermieden werden. Kurz: Egal ob Sie eine Immobilie kaufen, erben oder geschenkt bekommen: Setzen Sie sich zunächst detailliert mit der Spekulationssteuer auseinander, denn mit einigen Tricks können Sie Ihre Steuerlast senken oder die Immobilien sogar gänzlich steuerfrei veräußern.

Was ist die Spekulationssteuer und wann fällt sie an?

Das deutsche Einkommensteuergesetz (EstG) regelt in § 22 Nr. 2 und in Verbindung mit § 23, dass private Veräußerungsgeschäfte von Wertpapieren, Grundstücken und Immobilien in der Regel zu einer Steuerpflicht führen, da Gewinne aus diesen Geschäften grundsätzlich steuerpflichtig sind. Das bedeutet für private Immobilienbesitzer, dass der Fiskus beim Verkauf von Grundstücken, einer Wohnung oder einem Haus eine Einkommensteuer verlangen kann. Allerdings greift diese Steuer nur dann, wenn sich die Immobilie oder das Grundstück zum Zeitpunkt des Verkaufs erst kürzer als zehn Jahre im Besitz des Veräußerers befand. Die umgangssprachliche Bezeichnung für diese Steuer lautet Spekulationssteuer, die wiederum ein umgangssprachlicher Begriff für die Einkommensteuer privater Veräußerungsgeschäfte ist. Der Fiskus verlangt im Falle eines Immobilienverkaufs also, dass der Verkäufer bei der Einkommensteuerveranlagung die positive Differenz zwischen Anschaffungskosten und Verkaufspreis zu den steuerlichen Einkünften hinzurechnet. Dadurch erfolgt zum einen eine Versteuerung des Gewinns aus dem Veräußerungsgeschäft, zum anderen ergeben sich höhere Einkünfte in der Einkommensteuerveranlagung und in der Folge ein höherer Prozentsatz auf alle anderen Einnahmen aufgrund der Steuerprogression.

Kann die Spekulationssteuer gesetzesgetreu vermieden werden?

Wer vorhat, diese Steuer ganz legal zu umgehen, lässt im „einfachsten“ und besten Fall die Spekulationsfrist von zehn Jahren verstreichen. Der Eigentümer einer Immobilie wartet also im Idealfall die zehn Jahre andauernde Spekulationsfrist ab, bevor er sein Grundstück oder seine Immobilie verkauft. Zur Berechnung der Spekulationsfrist dient dabei das Datum der Beurkundung der beiden Kaufverträge. Diese Steuerbefreiung hat der Gesetzgeber eingerichtet, um Privatpersonen beim Verkauf von Immobilien zu entlasten. Generell gilt aber auch, dass der Verkauf einer Immobilie grundsätzlich steuerfrei bleibt, wenn der Eigentümer diese in den letzten drei Jahren vor der Veräußerung selbst nutzt. Übrigens: Nach der aktuellen Rechtsprechung ist es unschädlich, wenn eine Wohnimmobilie im Jahr der Veräußerung kurzzeitig vermietet wurde, da die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Jahr der Veräußerung und im zweiten Jahr vor dem Verkauf nicht während des gesamten Kalenderjahres vorgelegen haben muss. Zeichnen sich Gründe für einen vorzeitigen Verkauf einer vermieteten Immobilie vor Ablauf der Spekulationsfrist ab, lässt sich die Besteuerung des Veräußerungsgewinns demnach durch vorangegangene Eigennutzung vermeiden. Auch eine Enteignung stellt kein privates Veräußerungsgeschäft im Sinne von § 23 EstG dar und ist somit nicht steuerpflichtig. Anderes gilt, wenn eine Immobilie zwangsversteigert wird. Dann fällt die Spekulationssteuerpflicht in der Regel an, wenn das Objekt vor weniger als zehn Jahren erworben worden ist.

Lässt sich die Spekulationssteuer auch sparen?

Wenn eine Immobilie während der Spekulationsfrist verkauft wird, bedeutet das in vielen Fällen auch die Kündigung ihrer Finanzierung. In der Folge sehen sich viele Banken dann dazu veranlasst, eine Vorfälligkeitsentschädigung zu verlangen. Diese Vorfälligkeitsentschädigung lässt sich aber dann bei der Berechnung des Gewinns absetzen, sodass sich dieser verringert und in der Folge die Spekulationssteuer für den Verkäufer niedriger ausfällt. Eine solche Begebenheit ergibt sich in der Praxis zum Beispiel oft nach einer Scheidung oder einem Wohnsitzwechsel. Aber auch der Aufwand für Reparatur- und Modernisierungsarbeiten lässt sich in vielen Fällen aufrechnen, wenn diese in den letzten drei Jahren vor dem Verkauf angefallen sind und sich aus diesem Grund dem Anschaffungspreis zurechnen lassen. Ausgenommen von dieser Regel sind allerdings Schönheitsreparaturen. Und: Auch wer ein vermietetes Objekt besitzt, kann jedes Jahr seine Immobilie steuerlich absetzen. Beim Verkauf innerhalb der Spekulationsfrist lässt sich eine solche Abschreibung dann dem Veräußerungsgewinn zurechnen. Welche Beträge sich im Einzelfall dem Gewinn zurechnen oder abziehen lassen, legt das deutsche Einkommensteuergesetz in § 23, Absatz 3 fest.

Wie hoch ist die Spekulationssteuer bei Immobilien?

Zur Berechnung der Spekulationssteuer kann eine erste Kalkulation erzielt werden, indem die Anschaffungskosten dem Verkaufspreis gegenübergestellt werden. Der sich aus dieser Rechnung ergebende Gewinn erhöht die Abschreibungen während der Haltedauer. Der Grund dafür ist, dass für die Berechnung der Steuer folgende Gegenüberstellung erfolgt: Anschaffungskosten minus Abschreibungen stehen dem Verkaufspreis gegenüber. Aus der oben genannten Rechnung lassen sich zudem auch Renovierungs- und Notarkosten, Maklergebühren und andere Kosten abziehen, die im Zusammenhang mit dem Verkauf stehen. Sie reduzieren den zu versteuernden Gewinn.

Welche Spekulationssteuer gilt für gewerbliche Immobilienverkäufe und Mehrfamilienhäuser?

Die Spekulationssteuer gilt auch für Verkäufe von gewerblich genutzten Immobilien. Das Finanzamt verlangt zudem eine Spekulationssteuer für den Verkauf von Wohnungen in Mehrfamilienhäusern, wenn drei oder mehr Wohnungen innerhalb eines Jahres verkauft werden, denn in solch einem Fall stuft das Finanzamt den Veräußerer als gewerblichen Verkäufer ein. Wenn ein privat erworbenes Grundstück während der Spekulationsfrist in ein Betriebsvermögen eingelegt wird, liegt zunächst keine Veräußerung vor. Ein Veräußerungsvorgang aus dem Betriebsvermögen wird dagegen auch auf der privaten Ebene steuerpflichtig, wenn das Grundstück während der Spekulationsfrist veräußert wird.

Fällt die Spekulationssteuer auch für Immobilienverkäufe im Ausland an?

Verkauft eine Person mit deutscher Staatsangehörigkeit eine Immobilie im Ausland, dann gelten die Regelungen des jeweiligen Abkommens (dem sogenannten Doppelbesteuerungsabkommen) zwischen Deutschland und dem Land, in dem die Immobilie veräußert wurde.

Gilt die Spekulationssteuer auch für geerbte Immobilien?

Ja, jedoch beginnt die Spekulationsfrist schon mit dem Datum des Kaufs durch den Erblasser und nicht erst ab dem Tag des Erbfalls. Das bedeutet: Liegt der Erwerb mehr als zehn Jahre zurück, ist der Verkaufserlös aus dem Verkauf unabhängig vom Datum des Erbfalls steuerfrei. Auch wenn Sie eine Immobilie geschenkt bekommen haben, wird die Zeit, in der der frühere Eigentümer die Immobilie selbst bewohnt hat, Ihnen zugerechnet. Zu beachten ist jedoch, dass diese Steuerfreiheit nicht für Ferienwohnungen gilt. Komplizierter gestaltet sich die Sachlage auch bei einer Erbengemeinschaft: Kauft nämlich ein Miterbe den Erbteil eines anderen Miterben, so entstehen ihm Anschaffungskosten. Bei einem Verkauf innerhalb der Spekulationsfrist führt dies dazu, dass der Gewinn aus der Veräußerung dieses Grundstücks versteuert werden muss. Ein Verkauf kann in solchen Fällen durch eine Spekulationssteuer zu einer teuren Falle werden. Gut zu wissen ist auch, dass der Gewinn aus einem mitverkauften Inventar laut einem Urteil des Finanzgerichts Münster nicht steuerpflichtig ist.

Wie wirken sich Veräußerungsverluste auf die Steuer aus?

Sie müssen zunächst prüfen, ob alle relevanten Veräußerungen einen Gesamtgewinn ergeben haben. Dabei mindern Verluste eines Geschäfts die Gewinne anderer Veräußerungen. Ergibt sich beispielsweise für das Jahr 2021 ein Gesamtverlust (Gesamtbetrag aller Gewinne minus aller Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften des Jahres 2021), darf dieser nicht mit anderen im Jahr 2021 erzielten Einkünften verrechnet werden. Der Verlust mindert aber unter Umständen im Jahr 2019 erzielte Veräußerungsgewinne. Verbleibende Verluste müssen Sie in den Folgejahren mit erzielten Veräußerungsgewinnen gegenrechnen. Den Verlust müssen Sie extra feststellen. Diese Feststellung gilt dann als Grundlagenbescheid und ist damit bindend. Sofern die Verluste fehlerhaft festgestellt wurden, kann nur dieser Bescheid im Wege des Einspruchs angegriffen werden.

Spekulationssteuer berechnen: Wie hoch ist die Spekulationssteuer?

Wie schon erwähnt wird die Spekulationssteuer auf den Gewinn erhoben, der erzielt wird, wenn ein Grundstück oder eine Immobilie verkauft wird. Allerdings können Sie einige Kosten und Ausgaben vom Gewinn abziehen, wodurch sich die Steuerlast reduzieren lässt. Abgezogen werden können die folgenden Posten:

  • Werbungskosten, die beim Immobilienkauf oder -verkauf angefallen sind, wie zum Beispiel das Schalten einer Annonce in einer Zeitung
  • Notarkosten
  • Grunderwerbsteuer
  • Gebühren für den Grundbucheintrag
  • Maklergebühren
  • Kosten für Reparaturen und Modernisierungsmaßnahmen, wenn diese innerhalb der ersten drei Jahre nach dem Erwerb des Objektes angefallen sind
  • Die Vorfälligkeitsentschädigung, die anfällt, wenn ein Immobilienkredit frühzeitig abbezahlt wird

Vom Rest berechnet der Fiskus die Spekulationssteuer und wendet hierfür den persönlichen Steuersatz des Immobilienverkäufers an.

Wie hoch die Spekulationssteuer ausfallen kann und wie sie im konkreten Fall berechnet wird, zeigt das folgende Rechenbeispiel: Sie haben vor drei Jahren eine Eigentumswohnung gekauft. Die Anschaffungskosten hierfür beliefen sich inklusive Kaufnebenkosten und nach dem Abzug aller Abschreibungen auf 300.000 Euro. Die Wohnung verkaufen Sie schließlich für 370.000 Euro weiter, also mit einem Gewinn von 70.000 Euro. Sie haben zwischenzeitlich Modernisierungsarbeiten für 20.000 Euro durchgeführt, und der Immobilienverkauf über einen Makler hat 10.000 Euro gekostet. Insgesamt beläuft sich der zu versteuernde Gewinn also auf 40.000 Euro. Ihr persönlicher Einkommensteuersatz liegt bei 40 Prozent, weshalb Sie letzten Endes Spekulationssteuer in Höhe von 16.000 Euro zahlen müssen.

Unser Extra-Tipp: 

Haben Sie im jeweiligen Jahr Verluste aus anderen Spekulationsgeschäften gemacht, können Sie diese mit dem Gewinn verrechnen.

Beim gewerblichen Immobilienverkauf die Drei-Objekt-Grenze beachten

Betreiben Sie Immobilienverkauf im großen Stil, werden Sie als gewerblicher Immobilienhändler eingestuft. Dann fällt nicht nur die Spekulationssteuer, sondern zusätzlich auch die Gewerbesteuer an. Als gewerblicher Immobilienhändler gilt in der Regel, wer innerhalb von fünf Jahren drei oder mehr Immobilien veräußert. Experten sprechen hierbei von der sogenannten Drei-Objekt-Grenze. Bedenken Sie jedoch, dass dieser Grundsatz nicht in Stein gemeißelt ist. Liegen Ihre Gewinnabsichten auf der Hand, kann der Fiskus Sie bereits bei zwei veräußerten Immobilien zur Kasse bitten. Andersherum kann es auch sein, dass Sie vier Immobilien innerhalb von fünf Jahren verkaufen und das Finanzamt dennoch keine Gewerbesteuer von Ihnen verlangt. Sprich: Konkret ist immer der Einzelfall entscheidend.

Fazit: Spekulationssteuer kann umgangen werden

Wenn Sie eine oder sogar mehrere Immobilienobjekte verkaufen wollen, sollten Sie zunächst überprüfen, ob Sie die Spekulationssteuer umgehen können. Ist zum Beispiel eine Wohnung seit neun Jahren in Ihrem Besitz, sollten Sie im Idealfall besser noch ein Jahr warten, um diese zu verkaufen. Dann ist die Spekulationsfrist abgelaufen und der Verkauf ist steuerfrei. Ist die Immobilie dagegen erst verhältnismäßig kurz in Ihrem Besitz und sie möchten diese mittelfristig veräußern, sollten Sie überlegen, ob eine vorübergehende Selbstnutzung für diese Immobilie für Sie infrage kommt. Lassen Sie sich dabei nicht von der Drei-Jahres-Regel abschrecken: Da die Randjahre selbst bei anteiliger Nutzung voll gezählt werden, können Sie die Dauer der Selbstnutzung auf bis zu 14 Monate verkürzen.

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