Interview mit Robi Wache, Geschäftsführer der Robi Wache Architekten GmbH in Stuttgart-Süd.
von Martin Rudolph - Historische Gebäude erzählen Geschichten. Die Papyrusrollen der Vergangenheit mögen zu Staub zerfallen oder verbrannt sein, doch die Pyramiden und Tempel von einst erzählen uns viel über ihre Erbauer. Auch modernere Gebäude bis hin zur Funktionsarchitektur haben sich diese Eigenschaft bis heute bewahrt. Viele von Ihnen mögen aus dem vorigen Jahrhundert oder älter sein, doch ihr Charme strahlt ungebrochen aus abgenutzten Fassaden und Dächern hervor. Wir sprachen mit Robi Wache, Architekt aus Stuttgart Süd, über seine Passion für den Charme historischer Gebäude und über seine Motivation, gerade diese in ihrer ganzen Authentizität einer modernen Nutzung zuzuführen.
Herr Wache, Ihr Architekturbüro befindet sich in einer ehemaligen Metzgerei. Sie haben das Gebäude innen und außen weitestgehend in seinem ursprünglichen Zustand erhalten. Mit welcher Motivation?
Robi Wache: Dass es sich bei unserem Büro um eine Metzgerei handelt, war eher Zufall. Wir waren auf der Suche nach Räumlichkeiten in einer bestimmten Größe und Lage. Uns hat das besondere Ambiente begeistert – Räume, die eine Geschichte erzählen. Und es war uns ein besonderes Anliegen, dass diese Geschichte heute noch erlebbar ist und somit einen kraftvollen Kontext für unser Büro bildet. Hier konnten wir exemplarisch darlegen, was wir leben und wie wir Architektur verstehen. Als Spezialisten für die Sanierung von Altbauten haben wir gelernt, den Bestand zu respektieren und darauf aufbauend einen individuellen Rahmen für neue Nutzungen zu schaffen. Uns ist es ein Anliegen, nicht gegen den Bestand zu arbeiten, nur um ein zeitgenössisches Design zu verwirklichen. Wir lieben das Miteinander und die Collage.
Ehemals Metzgerei, heute Architekturbüro: Umgeben von Altem entstehen neue Ideen
Nachhaltigkeit ist ein häufig anzitiertes Leitmotiv unserer Zeit. Ihre Motivation ist es, bestehende Bausubstanz so gut es geht zu erhalten. Treffen sich hier Leidenschaft und Notwendigkeit?
Robi Wache: Ja, definitiv. Nachhaltigkeit ist in aller Munde. Wichtig ist jedoch, dass man tatsächlich etwas tut und die damit verbundenen Herausforderungen angeht. Für uns ist Nachhaltigkeit an sich eine Leidenschaft, die wir leben wollen. Wir setzen auf den Erhalt des Bestandes, um die hier gebundene Energie zu bewahren. Wir sehen dies aber auch als eine Notwendigkeit unserer Zeit, da mindestens ein Drittel der weltweiten CO2-Emissionen auf die Baubranche zurückzuführen sind. Hier ist es wichtig, dass wir ins Handeln kommen. Beim Erhalt von Bestand lässt sich viel unnötiger Aufwand einsparen, was zu einer hohen Suffizienz führt. Der Vorteil ist, dass man ein einzigartiges Ambiente erhält und gleichzeitig wird der Invest verringert. Wir arbeiten immer frühzeitig mit Energieplanern zusammen, um im Betrieb der Gebäude die Energieeffizienz zu erhöhen.
Wie hat sich Ihr Architekturbüro seit seiner Gründung im Jahr 2008 entwickelt und wie kam es zum Schwerpunkt ‚Sanierung historischer Gebäude‘?
Robi Wache: 2008 wurde ich angesprochen, ein bestehendes Hotel umzubauen. Mit diesem Projekt bin ich gestartet. Es wurde leider nicht realisiert, war aber die Basis für den Aufbau unseres Büros. Wir bringen ein grundlegendes Verständnis für Bauten aller Epochen mit und erkennen die Chancen, die sich damit bieten. Im Laufe der Jahre konnten wir uns die hierfür notwendigen besonderen Erfahrungen erwerben – auch in Zusammenarbeit mit unseren Spezialisten wie Altlastengutachter, Energieplaner etc. – und haben uns damit nach und nach eine positive Wahrnehmung in der Branche erarbeitet.
Gibt es seit Beginn Ihrer Tätigkeit als Architekt eine Herausforderung, an die Sie sich besonders gern zurückerinnern?
Robi Wache: Ja, für mich ist es das Wizemann Areal. Der erste Ausbau erfolgte ab 2013 mit dem Umbau einer ehemaligen Industriehalle zu einer Spielstätte, das ‚Im Wizemann‘. Das Fantastische war, dass sich sowohl der Bauherr als auch Architekt, Projektsteuerer und Mieter die gleiche Leitidee – Erhalt des Bestandes, ressourcenschonend und auch hochgradig effizient zu arbeiten – verfolgt haben. Das Projekt wurde im Sinne aller erfolgreich abgeschlossen, die Kostenlinie wurde unterschritten und im ehemaligen Industrieareal werden heute von einem sehr zufriedenen Mieter erfolgreich die Konzertsäle betrieben.
Gibt es Baustile oder Epochen, bei denen Ihnen die Sanierung entsprechender Gebäude besondere Freude bereitet?
Robi Wache: Wir sind bei der Sanierung nicht auf bestimmte Baustile oder Epochen beschränkt. Wir arbeiten eher collagiert, das heißt, wir kombinieren gern unterschiedliche Stileinflüsse, wenn dies ein harmonisches und stimmiges Ganzes ergibt. Ich kann mir also beispielsweise gut vorstellen, Fünfzigerjahre-Möbel in ein saniertes Gründerhausgebäude zu integrieren. Wir möchten mit einer gestalterischen Freiheit an unsere Projekte herangehen und gemeinsam mit dem Bauherrn eigene Antworten finden. Gerne nehmen wir aber auch den Ball auf und arbeiten bauzeitlich, manchmal auch mit einem Augenzwinkern.
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, welches Gebäude würde Sie als Projekt reizen und warum gerade dieses?
Robi Wache: Ich möchte mich hier nicht auf ein bestimmtes Gebäude festlegen. Mir ist es wichtig, Gebäude zu sanieren, die eine Geschichte erzählen. Das kann zum Beispiel ein Industrieareal oder eine Hütte in den Alpen sein. Wir lieben gelebte Strukturen, wie z. B. knarzende Dielen, handwerklich gefertigte Stuckelemente. Wir arbeiten gern mit Räumen, die nicht perfekt sein müssen, aber die Kraft des Alten und des Gelebten ausstrahlen. Unser Ziel ist es, die Tradition zu bewahren, um Gebäude zukünftigen Generationen saniert zu übergeben, denn jedes dieser Gebäude ist einzigartig und so nicht mehr zu errichten.
Sie suchen aktuell nach Personal. Was muss ein Architekt bzw. eine Architektin mitbringen, um bei Ihnen erfolgreich zu sein?
Robi Wache: Wir suchen Architekten mit mindestens vier bis fünf Jahren Erfahrung, die zu unserer Denkweise passen und sich gut in den von uns gelebten Spirit einfühlen können. Wir brauchen die Leidenschaft für den Bestand. Wir brauchen Architekten, die Herausforderungen im Bestand sehen und hierfür mit Kreativität Lösungen erarbeiten möchten. Insbesondere brauchen wir Verstärkung in den Bereichen Werkplanung und Bauleitung.
Was war Ihr bisher schönstes privates Erlebnis?
Robi Wache: Seit 2016 haben wir einen historischen Bulli, den wir regelmäßig für Ausflüge, Freizeit und Urlaub nutzen. Das knüpft an Erinnerungen aus unserer Studienzeit an, in der wir auch mit einem alten Bulli mit einfachsten Mitteln die Welt entdeckt haben.
Abschließende Frage: Welchen Rat möchten Sie jungen Familienunternehmerinnen und -unternehmern mitgeben?
Robi Wache: Sie sollten sich auf ihre Ziele fokussieren, ihren Benefit herausarbeiten und auch leben. Man muss dies spüren können. Das Alleinstellungsmerkmal sollte klar herausgehoben werden, um sich daran orientieren zu können und sich nicht in der Vielzahl der Aufgaben zu verlieren.
Vielen Dank, Herr Wache, und Ihnen weiterhin viel Erfolg!
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