Räumpflicht: Wer muss das Laub vom Nachbarn fegen?

Räumpflicht: Wer muss das Laub vom Nachbarn fegen?

Wie jedes Jahr das Herbstlaub von den Bäumen fällt, beschäftigen sich auch die deutschen Gerichte jedes Jahr mit dem Thema Laub. In den meisten Streitfällen geht es um die Frage, ob und inwieweit ein Grundstückseigentümer auch die heruntergefallenen Blätter von Bäumen entsorgen muss, die auf dem Nachbargrundstück stehen. Aus rechtlicher Sicht geht es dabei aber nicht nur um die Wiederherstellung des Nachbarschaftsfriedens, sondern vor allem um die Feststellung, wer für einen Schadensfall haftet.

Auch fremdes Laub ist Ihr Problem

Grundsätzlich gilt: Auch wenn das Laub von Bäumen stammt, die einem Nachbarn oder der Gemeinde gehören, muss es vom eigenen Grundstück beseitigt werden. Dieser Grundsatz gilt laut Amtsgericht München zumindest und auf jeden Fall dann, wenn die Bepflanzung mit Laubbäumen in der betroffenen Gegend üblich ist (Az.: 114 C 31118/12). Auch ein Anspruch auf die sogenannte ‚Laubrente‘, also die Erstattung der Kosten für das Entfernen des Laubs, besteht bei solchen Gegebenheiten nicht (OLG Hamm, Az.: 5 U 161/08).

Eine Ausnahme dieser Regel gilt nur dann, wenn die Beseitigung des Laubes für den Grundstückseigentümer nicht mehr zumutbar ist. Dies ist der Fall, wenn das heruntergefallene Laub vom Nachbargrundstück „die ortsübliche Menge“ auf dem eigenen Grundstück weit überschreitet. In solch seltenen Einzelfällen ist der Nachbar oder die Gemeinde für die Entsorgung des Laubes verantwortlich. Zu dieser Entscheidung kam zum Beispiel auch das Landgericht Coburg, das über folgenden Fall zu entscheiden hatte: Ein Kläger störte sich an dem überhängenden Astwerk aus dem benachbarten Garten, von dem das Laub auf sein Grundstück fiel. Die Richter urteilten, dass die zu weit über die Grundstücksgrenze ragenden Äste abgeschnitten werden mussten. Auch die vom beklagten Nachbarn angeführte Tatsache, dass die betroffenen Bäume seit 30 Jahren die Grundstücksgrenze zierten, änderte die Entscheidung der Richter zu Gunsten des Klägers nicht (LG Coburg, Az.: 33 S 26/08).

Eigentümer haften für nicht geräumte Wege

Besteht ein Haus aus Eigentumswohnungen, unterliegt allen Eigentümern dieses Hauses eine allgemeine Räumpflicht, zu der auch die Beseitigung des Herbstlaubs auf den angrenzenden Gehwegen gehört. Werden die Wohnungen vermietet und wurde in den Mietverträgen geregelt, dass die Mieter diese Räumpflicht zu erfüllen haben, obliegt den Eigentümern lediglich eine Kontroll- und Überwachungspflicht. Aber: Fehlt solch eine Klausel im Mietvertrag, können bei einem Schadensfall die Eigentümer als Gesamtschuldner haftbar gemacht werden. Rutscht beispielsweise ein Passant auf dem nassen Laub auf dem nicht geräumten Gehweg aus und verletzt sich dabei, sind die Eigentümer des Hauses schadensersatzpflichtig, urteilten die Richter des Oberlandesgerichts in Frankfurt am Main. (OLG Frankfurt/Main, Az.: 3 U 93/01).

Wer in den Urlaub fährt, muss sich vertreten lassen

Wenn ein Grundstückseigentümer in den Urlaub fährt, muss er für eine angemessene Vertretung sorgen. Es kann ihm aber nicht zugemutet werden, seinen Urlaub zu unterbrechen, um zu prüfen, ob die Arbeit von seinem Stellvertreter korrekt erledigt wird, besagt ein Urteil des OLG Schleswig, Az.: 11 U 137/11.

Früh am Morgen müssen Gehwege nicht geräumt sein

Dem Grundstückseigentümer kann auch nicht zugemutet werden, den Gehweg schon in den frühen Morgenstunden zu räumen. Dies besagt ein Fall, den das LG Frankfurt a. M. zu entscheiden hatte, Az.: 2/23 O 368/93. Rutscht demnach ein Fußgänger schon um sieben Uhr früh auf dem nicht geräumten Bürgersteig aus und holt sich dabei einen Bruch, hat er gegen den Grundstückseigentümer keinen Anspruch auf Schadenersatz.

Gemeinde muss auch am Wochenende Laub fegen

Für kehrpflichtige Gemeinden fällte dagegen das OLG Hamm eine wegweisende Entscheidung: Wenn wegen starken Laubfalls akute Maßnahmen zur Verkehrssicherung nötig werden, darf sich die kehrpflichtige Gemeinde nicht auf die Durchführung der turnusgemäßen Dienste beschränken, wenn diese zur Sicherung nicht ausreichen. So ist diese unter Umständen dazu verpflichtet, Überstunden auch am Wochenende anzuordnen, wenn zum Beispiel an einem Samstag akute Rutschgefahr droht. Kommt sie dieser Pflicht nicht nach, kann die Gemeinde ein Mitverschulden an etwaigen Unfällen treffen (OLG Hamm, Az.: 9 U 170/04).

Zu guter Letzt
Wenn es trotz aller Vorsichtsmaßnahmen dennoch zu einem Unfall vor der Haustür kommen sollte, ist ein Hauseigentümer in der Regel im Rahmen seiner Haus- und Grundeigentümer-Haftpflichtversicherung abgesichert. Sollten die Räumpflicht vertragsgemäß an einen Mieter abgegeben worden sein, ist dieser über seine private Haftpflichtversicherung abgesichert.

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