Musterklage zu Mieterhöhungen scheitert in letzter Instanz

Musterklage zu Mieterhöhungen scheitert in letzter Instanz

„Bitter für Mieter“: BGH erlaubt drastische Mieterhöhungen mit Verweis auf zeitlich weit entfernte Modernisierungen.

Stetig steigende Mieten, knapper Wohnraum und Wohnungsnot in den deutschen Großstädten: Auch der anhaltende Immobilienboom sorgt regelmäßig für Konflikte zwischen Mietern und Hauseigentümern. Wie stark und wie schnell Mieten in Deutschland steigen dürfen, beschäftigt mittlerweile nicht nur die Politik, sondern ist zunehmend auch der Anlass für aktuelle Urteile von Gerichten. Nun mussten sogar die Richter des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe über eine Musterfeststellungsklage im deutschen Mietrecht entscheiden und verkündeten ein Urteil mit gewaltiger Sprengkraft, das Mieter unbedingt zur Kenntnis nehmen sollten.

Eingeleitet wurde das Verfahren vom Mieterverein München, der sich gegen eine drastische Preiserhöhung einer Eigentümergesellschaft wehren wollte, die mit Verweis auf eine erst in einem Jahr anstehende Modernisierung ihren Mietern empfindliche Mieterhöhungen in Aussicht stellte. Der Grund für die verfrühte Erhöhung im Jahre 2018 bestand darin, dass nur wenige Tage nach der Verkündung mieterfreundlichere, gesetzliche Neuregelungen zum Thema Kostenumlage einer Modernisierung auf Mieter in Kraft traten. Die Gesetzesänderung zum Jahreswechsel 2018/19 legte fest, dass künftig nur noch 8 % anstelle der vorherigen 11 % jährlich entstehender Kosten für die Modernisierung auf Mieter umgelegt werden dürfen. Zudem wurde in der gesetzlichen Neuregelung auch eine Obergrenze für die Erhöhung der Mieten festgesetzt.

Die vorgezogene Preiserhöhung der Münchner Immobilienfirma war jedoch kein Einzelfall. Auch in Berlin hatte es 2018 auf einen Schlag zahlreiche Modernisierungsankündigungen auf Vermieterseite gegeben, um noch nach altem Recht ein Maximum der anfallenden Modernisierungskosten auf die Mieter umlegen zu können. Wegen der Vielzahl dieser Fallkonstellationen wurde vor dem BGH eine sogenannte Musterfeststellungsklage erhoben, die es seit dem 1. November 2018 gibt und dank derer Verbraucher nicht selbst klagen müssen, sondern sich ohne Anwalt der Musterklage eines Verbraucherverbands anschließen können. Diese Klageform soll die Durchsetzbarkeit der Verbraucherrechte erleichtern. Das Urteil einer Musterfeststellungsklage ist dann für alle verbindlich.

In dem vorliegenden Fall kam der BGH in seinem aktuellen Urteil jedoch zu dem Entschluss, dass die Münchner Eigentümergesellschaft rechtens gehandelt hat. Als zentrales Argument ihrer Entscheidung führten die Richter aus Karlsruhe an, dass die Planungen zum Zeitpunkt der Ankündigung schon so weit fortgeschritten waren, dass den Mietern alle Details bekannt gewesen seien. Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der Ankündigung der Modernisierung und dessen tatsächlichem Beginn sei hingegen nicht notwendig. Zusammenfassend bedeutet das aktuelle Urteil des BGH einen herben Rückschlag für die Mieter, zu deren Gunsten zuletzt das OLG München im Jahr 2019 entschieden hatte. Es dürfte zudem unzählige Mieter in ganz Deutschland betreffen. Der Oberbürgermeister von München, Dieter Reiter (SPD), kommentierte das aktuelle Urteil des Bundesgerichtshofs sogar mit den Worten: „Das ist ein bitterer Tag für alle Mieterinnen und Mieter.“ Über Härtefallregelungen für Einzelfälle wird derzeit jedoch noch entschieden.

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