Stuttgarts Hauptgeschäftsstraße, die Königstraße, ist ganze 1,2 Kilometer lang. Sie beginnt am Hauptbahnhof und verläuft als gerade Fußgängerzone Richtung Südsüdwest bis zum Zu- und Ausgang der Stadtbahnhaltestelle Rotebühlplatz (Stadtmitte), wo sie rechtwinklig nach Ostsüdost abbiegt und ab dort einen knapp 100 Meter langen Teilabschnitt der verkehrsberuhigten Innenstadtquerspange bildet, bevor sie in Höhe der Tübinger Straße in die Eberhardstraße mündet. Bis zum Schlossplatz, auf halber Strecke, wird sie die „Untere Königstraße“, ab dem Schlossplatz die „Obere Königstraße“ genannt.
Die Königstraße war einst die Pracht- und Flaniermeile im Zentrum von Stuttgart. Vor Ihrer Zerstörung während des Krieges säumten bürgerliche Gebäude den süddeutschen Prachtboulevard. Sie waren das charismatischste Gesicht der Stadt und sorgten für ein ganz besonderes Ambiente. Dem Maler Reinhold Nägele, aber auch etlichen Fotografen und Zeichnern diente die Königstraße häufig als Motiv. Doch im Zuge des Wiederaufbaus verlor sie ihre beeindruckende Ausstrahlung: Die imposanten, großstädtischen Gebäude verschwanden eines nach dem anderen und die Hausfassaden wurden immer ausdrucksloser und austauschbarer.
Heute zeugen nur noch wenige Bauten auf der Königstraße Stuttgart von architektonischer Qualität: Neben den historischen Gebäuden rund um den Schlossplatz mit dem Kunstmuseum, Königsbau, Prinzenbau, der Alten Kanzlei und den Schlössern zählen zu diesen auch die Peek-&-Cloppenburg-Filiale, St. Eberhard, das Haus der Katholischen Kirche, die Buchhandlung Wittwer, Speiserbau, Mittnachtbau und das frühere Karstadt-Kaufhaus.
Doch obwohl die Königstraße Stuttgart immer mehr an Schönheit einbüßte, zogen ihre Läden immer mehr Kunden an. Mittlerweile gehört die Königstraße sogar zu den am meisten besuchten Einkaufsstraßen in Deutschland; 3.027 Passanten pro Stunde wurden kürzlich, an einem Dienstag, im südlichen Teil der Königstraße gezählt. Im mittleren Teil waren es noch 2.572. Damit liegt die Königstraße in der Rangliste der großen deutschen Fußgängerzonen auf den Plätzen sieben und zwölf. Samstags lag der mittlere Teil der Königstraße mit 5.956 Passanten auf Platz acht und der südliche Teil mit 4.548 Passanten auf Platz 14.
Doch wohin geht die Reise der Königstraße Stuttgart? Gerade in den letzten Jahren hat sich die Einkaufsmeile stark verändert. So gibt es fast nur noch Ladenketten und kaum noch Einzelhändler, dafür häufige Mieterwechsel und immer weniger Anfragen nach freien Ladenlokalen. Mittelfristig rechnen Marktexperten sogar mit einem nicht unerheblichem Leerstand der Geschäfte, obwohl die Königstraße mitten im Zentrum auch in Zukunft über eine 1a-Lage verfügen wird.
Leerstand wird in der Königstraße Stuttgart allerdings jetzt schon befürchtet. Die Stuttgarter Nachrichten berichten, dass 22 von insgesamt 161 Ladenflächen in der Königstraße mittelfristig verfügbar wären. Das entspricht 12 Prozent des gesamten Ladenangebots und wäre damit im Bundesvergleich die dritthöchste Quote, gleich nach den Städten Köln und Berlin. Die Gründe dafür sind laut den Stuttgarter Nachrichten folgende: Viele Mietverträge werden in den kommenden eineinhalb Jahren auslaufen. Doch im Gegensatz zu früher stehen Nachmieter nicht mehr Schlange, sondern werden händeringend gesucht. Auch die aktuellen Mietpreise werden zum Problem. Während der Jahresumsatz der Geschäfte auf der Königstraße Stuttgart in den vergangenen fünf Jahren etwa gleich geblieben ist, sind die Mieten jährlich um 1,5 Prozent gestiegen. Die derzeitige Spitzenmiete beträgt 270 Euro pro Quadratmeter, berichten die Stuttgarter Nachrichten weiter.
Experten aus der Immobilienbranche zufolge teilt sich die Königstraße aufgrund dieser Entwicklung inzwischen auch nicht mehr in nur zwei, sondern in drei Abschnitte. “Die absolute Top-Lage verkürzt sich auf den zentralen Kern zwischen Schlossplatz und Stiftstraße“, zitieren die Stuttgarter Nachrichten Philipp Nothdurft vom Dienstleistungs-, Beratungs- und Investment-Management-Unternehmen JonesLangLassalle (JLL) Stuttgart. Dieser kurze Bereich, vom Schlossplatz bis hin zu Breuninger, sei das Herzstück des „Stuttgarter Premium-Laufs“. In der unteren Königstraße leiden viele Passanten unter einem „geschwundenen Sicherheitsgefühl“, während die obere Königstraße von Philipp Nothdurft als „zu konsumlastig“ bezeichnet wird. Gewinner dieser Entwicklung sei vor allem die Calwer Straße, sagt der Experte weiter. Sie habe „den Wandel von Bedarfs- zu Erlebniskauf mit Gastronomie, Blumen und Fluxus“ geschafft. Andere Straßen, wie zum Beispiel die Hirsch- und die Eberhardstraße, lägen dagegen abgeschlagen „irgendwo im Nirwana“.
Auf Basis dieser Marktentwicklung prognostiziert JLL-Stuttgart der Innenstadt als Marktplatz dennoch eine gute Zukunft– vor allem für Mieter.
Die goldenen Zeiten für Vermieter scheinen dagegen vorbei zu sein, für viele Eigentümer beginne nun ein schwieriger Prozess des Umdenkens, so Philipp Nothdurft. „Zwar sind die Mieten vorerst stabil, doch sehen wir aufgrund der besseren Verhandlungsposition der Nutzer deutlich, dass die Eigentümer nun verstärkt Angebotspakete wie Umbauzuschüsse oder mietfreie Zeiten anbieten müssen, um neue Verträge abschließen zu können“, sagt Nothdurft.
Auch die „Logistik“ des Handels werde sich verändern. Weil es für Händler immer schwerer werde, auch in den oberen Geschossen Geschäfte zu machen, rechnen die Experten weiterhin damit, dass Ladenflächen dort in Zukunft zunehmend verschwinden und zum Beispiel durch Büroflächen ersetzt werden. Dirk Wichner von JLL-Deutschland sagt: „Heute fokussieren sich immer mehr Händler auf ein qualitatives Kauferlebnis und müssen nicht mehr alle Waren auf einer Fläche präsentieren. Die Folge: Statt vier Etagen reichen heute auch zwei aus.“ Seine Empfehlung an die Stadt und ihre Händler lautet: „Räume mit Identität sowie Rundläufe für die Passanten schaffen und Autos raus.“
Im Hier und Jetzt sollten wir jedoch unbeschwert den Sommer in der Stuttgarter City genießen. Einen Besuch wert ist auf jeden Fall das 29. Stuttgarter Sommerfest, das vom 1. bis zum 4. August 2019 im Herzen der Stadt stattfindet. Geboten werden auch dieses Jahr wieder vielfältige kulinarische Köstlichkeiten sowie ein abwechslungsreiches Musikprogramm. Von Mittwoch, den 28. August, bis zum Sonntag, den 8. September 2019, verwöhnen Sie dann über 30 Weindorfwirtinnen und Weindorfwirte insgesamt 12 Tage lang mit regionalen Leckereien sowie hervorragenden Weinen aus den Regionen Württemberg und Baden.
Neue Stuttgarter Leerstandsbörse
Gut zu wissen: Wer in Stuttgart eine Gewerbefläche sucht oder anbieten möchte, kann ab sofort auf eine neue, von der Stadt Stuttgart eingerichtete Plattform zurückgreifen: Unter www.stuttgart.de/raeume finden Sie eine Liste mit leerstehenden Gewerbeflächen in den Stuttgarter Stadtbezirken, die ganz unterschiedlich genutzt werden können. Hinter dieser Initiative steht die Wirtschaftsförderung der Stadt Stuttgart. Das kostenfreie Angebot richtet sich sowohl an Eigentümer als auch an Flächensuchende. Die städtische Wirtschaftsförderung übernimmt zudem eine Beratungs- und Lotsenfunktion für Interessenten, die in der Region Stuttgart einen Betrieb eröffnen möchten. Weitere Informationen finden Sie unter wifoe@stuttgart.de
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