Nicht selten ergeben sich für Verbraucher neue Lebensumstände, die eine Umstrukturierung der bestehenden Finanzierungen notwendig macht. Wer deswegen zum Beispiel eine noch nicht abbezahlte Immobilie verkaufen muss, muss gleichzeitig auch seinen Immobilienkredit vorzeitig kündigen. Zwar stimmen die Kreditinstitute einer solch vorzeitigen Beendigung in der Regel zu, aber verlangen im Gegenzug eine oftmals auch sehr hohe Vorfälligkeitsentschädigung von ihren Kunden. Diese sind jedoch nicht immer gerechtfertigt, wie ein bahnbrechendes Urteil des OLG Frankfurt vom 1. Juli 2020 jetzt noch einmal bestätigt hat.
Im Fall der vorzeitigen Beendigung eines Kreditvertrages sichern sich, vereinfacht gesagt, Kreditinstitute über die sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung einen Ausgleich dafür, dass ihnen Zinseinnahmen entgehen. Nach regelmäßiger Einschätzung von Anwälten und Verbraucherschützern verlangen zahlreiche Banken von ihren Kunden jedoch eine unangemessen hohe Vorfälligkeitsentschädigung. Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt bestärkte nun diese Einschätzung der Experten. Denn auch das OLG kam in seinem Urteil vom 1. Juli (Az.: 17 U 810/19) zu dem Ergebnis, dass die Ausführungen in dem strittigen Darlehensvertrag, der mit der Commerzbank geschlossen wurde, zur Berechnung der Zahlung „nicht den gesetzlichen Anforderungen” genügen und führte weiter aus, „dass die Leistung der Vorfälligkeitsentschädigung ohne Rechtsgrund erfolgte und eine Zahlungsverpflichtung folglich nicht bestand”.
Ein Unternehmenssprecher der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg kommentierte das bahnbrechende Urteil mit folgenden Worten: „Auch dieses Urteil zeigt, dass die Berechnung der sogenannten Vorfälligkeitsentschädigung so komplex ist, dass selbst die Banken daran scheitern, die gesetzlichen Informationspflichten über diese Entschädigungsforderung zu erfüllen”. Ferner empfiehlt er betroffenen Darlehensnehmern, die ihren Immobilienkredit vorzeitig kündigen müssen, die entsprechende Klausel zur Berechnung der Entschädigung immer rechtlich prüfen zu lassen. Die Commerzbank hat ihrerseits jedoch eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen das OLG-Urteil beim Bundesgerichtshof (BGH) eingelegt.
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