Berechtigen staatlich auferlegte Einschränkungen Gewerbebeitreibende zu einer Mietminderung?
Steigende Infektionszahlen führen seit einiger Zeit immer wieder zu verstärkten Einschränkungen im Gewerbe und im Einzelhandel. Häufig wird in diesem Kontext die Frage aufgeworfen, ob staatlich auferlegte Maßnahmen Mietminderungen für Gewerbetreibende rechtfertigen oder eben nicht. Bisher mussten allein die Gerichte klären, wer das Verwendungsrisiko einer Mietsache trägt. Wegen der anhaltenden Problematik wurde nun aber auch der Gesetzgeber aktiv, der bereits während des ersten Lockdowns im Jahre 2020 ein sogenanntes Kündigungsmoratorium angeordnet hatte. Darin wurde den Vermietern untersagt, ihren Mietern wegen eines Zahlungsverzugs während der Monate April bis Juni 2020 die Kündigung auszusprechen. Die Pflicht zur Mietzahlung selbst und die Fälligkeit der Miete blieb durch diese Regelung aber unangetastet. Unklar blieb dagegen, ob ein weiteres Kündigungsmoratorium mit dem Ergebnis einer gesetzlichen Stundung der Miete folgen würde.
In einem vorläufigen Beschluss von Bund und Ländern wurde dazu nun am 13.12.2020 eine gesetzlich vermutete Störung der Geschäftsgrundlage von Gewerbemietverhältnissen angeordnet. Im Klartext bedeutet dieser Beschluss: Wenn die wirtschaftlichen Folgen für Mieter unzumutbar sind, sollen diese vom Vermieter eine Anpassung der Miete an die Umstände der COVID-19-Pandemie wegen Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) verlangen können. Mit diesem Beschluss sollten die Verhandlungen zwischen Gewerbemietern und ihren Vermietern vereinfacht werden. Er ist nun auch gesetzlich geregelt und findet sich im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) im Artikel 240 § 7 EGBGB (Störung der Geschäftsgrundlage von Miet- und Pachtverträgen).
Jetzt steht also auch offiziell fest, dass die Corona-Pandemie eine Störung der Geschäftsgrundlage darstellen kann. Allerdings gibt es weiterhin die unbeantwortete Frage, ob eine Anpassung der Miete angemessen ist. Die Antwort muss immer noch von Fall zu Fall entschieden werden und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Vor allem geht es darum, wer das Verwendungsrisiko trägt und dafür verantwortlich gemacht werden kann, dass eine Mietsache wegen der vom Staat auferlegten Einschränkungen nicht oder nicht wie ursprünglich gedacht genutzt werden kann. Während auf die höchstrichterliche Rechtsprechung noch längere Zeit zu warten ist, lehnen die meisten deutschen Landgerichte eine Mietminderung überwiegend ab. Nur das Landgericht München I sowie das Landgericht Mönchengladbach haben sich bisher gegen diese Tendenz gestellt. Sie sehen das Verwendungsrisiko auch beim Vermieter.
Offen und spannend ist, wie der BGH Mietanpassungen während der Pandemie beurteilen wird. Wie schon erwähnt: Auch die jüngste Mietrechtsänderung im EGBGB überlässt ein finales Urteil weiterhin den Gerichten und erinnert im Prinzip nur daran, dass jedes Mietverhältnis Besonderheiten aufweisen kann. Entscheidend werden in jedem Einzelfall jedenfalls die konkreten wirtschaftlichen Folgen für Mieter und Vermieter sein.
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